Body-Positivity und Fushion-Küche

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Nele – sympathisch, übergewichtig und Single - lebt mit Anfang 50, so sagt sie selbst, das ereignislose Leben einer Pensionistin. Als sie irrtümlicherweise in der Bahn einen Sitzplatz bekommt, weil man sie für schwanger hält. ist das Maß voll. Nele beschließt abzunehmen und bucht eine 2-wöchige sündteure, aber hippe Fastenkur auf Sylt. Dreibettzimmer, Einläufe und magere Süppchen inklusive. Und zwischen Hungerattacken und ökologisch korrektem Verhalten, findet Nele nicht nur die Liebe zu sich selbst und den anderen wieder, sondern auch die Erkenntnis, dass ein dünner Körper nicht automatisch glücklich macht…
Mir hat dieser Roman gut gefallen, auch wenn er nicht ganz so lustig war, wie ich nach der Leseprobe erwartet hatte. Aber die Handlung regt in mehrfacher Hinsicht zum Nachdenken an: Da sind zum einen die Fastenwilligen, die so ziemlich in allem dem gängigen Klischees eines „Bobos“ entsprechen und man sich irgendwann fragt, wann der Kult ums Essen zur Religion mutiert ist. Zum anderen die (eigentlich richtige) Botschaft, dass man sich selbst und seinen nicht perfekten Körper lieben soll. Allerdings ist sie für mich zu politisch korrekt verpackt – denn Nele verliebt sich in einen syrischen Asylanten, einen weltoffenen, toleranten. unverschämt gutaussehenden, perfekt Deutsch sprechenden, alleinstehenden Tierarzt, der nach der dem Erhalt seines positiven Asylbescheids eine Praxis eröffnet und dazu passenderweise auf füllige Frauen steht. Auf allen Ebenen Bildung, Toleranz und Integration bei ihm und seinen Freunden . Jo eh – wie man bei uns sagen würde, die Botschaft ist angekommen, wenn auch alles in allem ein bisschen zu glatt konstruiert wirkt. Und es vielleicht der Geschichte nicht geschadet hätte, auch mehr Gedanken dazu einzubringen, dass Übergewicht nicht nur ästhetische Aspekte betrifft, sondern schlicht schlecht für den Körper ist.

Dennoch ist es schön, mitzuerleben, wie Nele ihr Lebensglück findet und im Kochen endlich die Leidenschaft ihres Lebens umsetzen kann. Wobei mich persönlich ihre selbst kreierten Rezepte nicht ansprechen, da ich nicht verstehe, wieso man einerseits wirklich überall darauf hinweist, wie regional und ökologisch korrekt alles ist und gleichzeitig mit Seitan oder weitergereisten Avocados kocht. Am Ende des Buches gibt es als nette Überraschung noch einige dieser Rezepte zum Nachkochen.
Insgesamt aber ein Wohlfühlbuch, das dazu anregt, sein eigenes Körpergefühl zu hinterfragen, das Lust auf Urlaub macht und das ich gerne weiterempfehle