eine Hommage an die Familie, explizit die Großeltern

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petzi_maus Avatar

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3,5 Sterne

In seinem ersten Roman verarbeitet Max Richard Leßmann augenscheinlich seine Jugend, eigentlich die Beziehung zu seiner Familie; im besonderen zu seinen Großeltern.

Max besucht ein allerletztes Mal für drei Tage seine Großeltern väterlicherseits auf Sylt. Bisher fuhren sie immer mit dem Campingwagen dorthin, diesmal haben sie eine Ferienwohnung in der Anlage "Sylter Welle" gemietet.
Der Urlaub ist einerseits wie immer, andererseits ganz anders. Schon allein, dass der Urlaub diesmal nicht am Campingplatz stattfindet. Und dann verhält sich sein Oppa auch noch anders, er ist vergesslich...

Dieser Liebesroman an die Großeltern bzw. die Insel Sylt liest sich eingängig; obwohl es das Erzählen einer Lebensgeschichte ist, ist es doch auch spannend. Denn diese Familie ist anders als andere. Ganz vorne die Matriarchin Oma Lore, der Opa Ludwig hörig ist (jetzt im Alter, früher war es wohl nicht ganz so.)
Die Erzählung der Ereignisse dieser drei Tage wird immer wieder unterbrochen durch Rückblenden in die Familienvergangenheit. Die Familienbeziehungen werden ausführlich beschrieben, v.a. sämtliche Onkel und Cousins werden aufgezählt. Nur, dass der Protagonist auch eine Schwester hat, erfährt man erst auf Seite 159 (von nur 221). Außer, diese wird davor schon so nebensächlich erwähnt, dass es mir gar nicht aufgefallen ist.

Max' Großeltern sind typisch in ihrer Generation: sparsam bis zur Askese, engstirnig, mit Scheuklappen behaftet, homophob. Oma Lore hat keinerlei Mitgefühl. Und wehe, man denkt etwas anders oder gibt Widerworte. Max traut sich nichtmal zu erwähnen, dass er Würstchen nicht ausstehen kann, dass er sogar kotzen muss davon. Das sagt ja schon alles. Und davon gibt es noch viel mehr. Trotzdem liebt er seine Großeltern über alles, denn Blut ist nun mal dicker als Wasser. Tja, jeder wie er glaubt... Als Max' Mutter versucht, sich dagegen aufzulehnen, wird sie von Oma Lore fertiggemacht.
Ich finde nicht okay, dass eine Person die ganze Familie terrorisiert und sich niemand dagegen aufzulehnen traut. Und wichtige Dinge (zB Opa Ludwigs Erkrankung) werden verschwiegen und unter den Teppich gekehrt.
Sogar Max selbst gibt auf Nachfrage zu, dass er nur ein einziges seiner Familienmitglieder leiden würde, wäre er nicht mit ihnen verwandt - das sagt ja schon alles.

Das Fazit dieses Romans: Ja, man wird älter, und ja, dabei verändert sich alles. Die Menschen, die man liebt; die Gegenden, die man liebt; und es ist ein Kommen und vor allem ein Gehen.
Und eine Familie darf sich nicht von einer Person unterdrücken lassen.


Fazit:
Nach dem tollen Anfang einer launisch-unterhaltsam klingenden Familiengeschichte mochte ich Max' Großeltern, v.a. seine Oma Lore immer weniger leiden.