Erinnerungen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
hoelzchen Avatar

Von

Max hat früher viele Urlaube mit seinen Großeltern Lore und Ludwig auf Sylt verbracht. Sie waren immer auf dem Campingplatz. Nun sind seine Großeltern alt geworden, campen geht nicht mehr und so sind sie für einen letzten Urlaub auf Ihrer Lieblingsinsel, in einer Ferienwohnung untergekommen. Hier besucht sie Max für ein Wochenende. Er reist mit dem Zug aus Berlin an. Seine Oma ist immer noch eine Sparfüchsin und duldet kein Hotelzimmer. So wird er auf dem Sofa schlafen müssen. Max muss erkennen, dass seine Großeltern abbauen, sowohl körperlich, als auch geistig. Erinnerungen kommen hoch, Erlebnisse aus längst vergangen Tagen werden lebendig. Die Familienanekdoten reihen sich aneinander.
„Sylter Welle“ von Max Richard Leßmann ist ein tolles Debüt. Sprachlich modern und mitreißend. Von Anfang an, hat man das Gefühl dabei zu sein, am Tisch mit Lore und Ludwig zu sitzen. Schon gleich der Beginn mit der Szene am Bahnhof von Sylt: die Rentner in ihren beigefarbenen Outdoorjacken und Westen und Oma Lore in ihrer günstig erworbenen Fleecejacke aus der Türkei. Einfach zu köstlich beschrieben. Max Richard Leßmann hat ein Händchen dafür, diese Kleinigkeiten aufzugreifen und auszuschmücken, er bringt uns zum Schmunzeln. Seine Familie ist wirklich speziell, dieser Gedanke schleicht sich sofort ein, aber auch der Wiedererkennungswert mit den Marotten der eigenen Familie ist nicht weit. Es ist wie ein Spiegel und das macht dieses Buch auch aus. Der Autor bringt uns seine Familie näher, es sind nicht nur die lustigen Anekdoten, es gibt auch traurige Momente. Ebenso wie das Leben spielt. Im Mittelpunkt stehen Max Großeltern, alt sind sie geworden. Das muss auch Max schmerzlich erkennen. Lore und Ludwig haben viel erlebt, wie so viele in ihrer Generation. Sie sind geprägt durch ihre Erlebnisse. Gerade Oma Lore erscheint hart, doch anders hätte sie das Leben vermutlich nicht meistern können. Max hat eine ganz besondere Verbindung zu seinen Großeltern, das spürt man in jeder Zeile und berührt sehr. Der Roman ist wirklich eine Hommage an die Großeltern. Alle Protagonisten erscheinen mir sehr authentisch, der Autor verschweigt nichts, leider werden dabei auch zum Ende des Romans Grenzen überschritten, die wirklich nicht nötig gewesen wären. Der besondere Reiz an diesem Roman: die Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und das Buch regt zum Nachdenken an. Diese Art der Erzählkunst, hat genau meinen Geschmack getroffen. Das wunderbare Buchcover wurde von Jessine Hein entworfen. Der brennende Strandkorb ist wohl im übertragenen Sinne zu verstehen. Lässt also Spielraum für eigene Interpretationen.
Ich bin gespannt auf weitere Romane von Max Richard Leßmann und vergebe für „Sylter Welle“ 5 Sterne.