Saure Apfelringe

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constanze_pachner Avatar

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"Ein allerletztes Mal wollen Oma Lore und Opa Ludwig ihren Lieblingsferienort Sylt besuchen, gemeinsam mit ihrem Enkel Max. Drei Tage. Zwei Generationen. Eine Insel. Und die Frage: Würden wir unsere Familienangehörigen auch lieben, wären sie nicht mit uns verwandt?" (Klappentext)

Familie ist ein Hafen und ein bedrohlicher Sturm auf hoher See zugleich. Das eine scheint nicht ohne das andere zu können, und manch eine Familie geht im Sturm unter, erreicht kein Ufer mehr, an dem sie anlegen könnte. Der Protagonist Max hat Glück, denn seine Oma Lore wird ihn immer in eiserner Manier - ob er es nun will oder nicht - mit ihrer "immerjungen Seidenhaut" an den Anker legen.

Der Dichter, Sänger und Podcaster @maxrichardlessmann präsentiert mit seinem Debütroman #sylterwelle sein feines Händchen für Prosa. Die autofiktionale Geschichte von Max letzter Reise mit Oma und Opa - sowie mit der Welt des toten Lieblingsonkels im Gepäck - plakatiert ein genau beobachtetes, lebendiges Bildnis der westdeutschen Nachkriegsgeneration.
Leicht und flockig windet die Erzählstimme brisend zwischen einem amüsanten und einem gefühlsbetonten Klang hin und her, so dass sie die Erzählwellen in schäumender Bewegung hält.

Irgendwie saß ich neben Max im Strandkorb - erhitzt durch das Feuer über uns, welches mir die sprudelnden Kollisionen sowie die schwerzenden Verschmähungen innerhalb seiner Familie nahe brachte. Er bot mir einen sauren Apfelring an. Wir aßen schäumend wie die Wellen - sauer, süß, klebrig, einfach nur lecker. Schlagartig wußte ich felsenfest, welch eine Liebe solch ein Familienfeuer immer wieder löschen kann.

"Nach einem schweigsamen Frühstück nimmt Ludwig meine schmalen Hände im seine riesigen Pranken, schaut mir fest in die Augen und singt 'Wann und wo, wann und wo, sehen wir uns wieder und sind froh',..." (S.219)

Lieben Dank an den @kiwi_verlag für das #rezensionsexemplar