Erschreckendes Szenario

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büchermaulwurf Avatar

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In seinem neuen Wirtschaftsthriller „Systemfehler“ beschreibt der Journalist Wolf Harlander erschreckend realistisch ein absolutes Worst-Case-Szenario. In mehreren europäischen Ländern bricht gleichzeitig das Internet zusammen, mit dramatischen Folgen. Züge können nicht mehr fahren, die Flughäfen sind lahmgelegt und in den Krankenhäusern versagen die lebenserhaltenden Geräte, so dass Patienten sterben. Supermärkte erhalten keine Ware mehr, die Versorgung bricht zusammen und es kommt zu Plünderungen und Demonstrationen. Handys, Fernsehen und Radio funktionieren nicht mehr, damit sind alle Kommunikationswege gekappt. Stromausfall und Wasserknappheit stürzen das Land ins Chaos und Panik bricht aus. Die Regierung und Behörden sind machtlos. Nelson Carius, der gerade neu beim BND ist, vermutet ein hochkomplexes Computervirus hinter den Internetausfällen. Seine Nachforschungen führen ihn und seine Kollegin Diana zu dem IT-Experte Daniel Faber. Um seine Unschuld zu beweisen muß dieser untertauchen und auf eigene Faust nach den Verantwortlichen für den Internetcrash suchen.

Der Schreibstil war leicht und flüssig zu lesen (bis auf die Dialoge, die manchmal etwas hölzern wirkten) und ich war sehr schnell in der Geschichte drin. Es gibt verschiedenen Erzählstränge. Die Auswirkungen des Internetausfalls erfährt man durch Daniel Faber und seine Familie in München, seine Mutter Renate in Nürnberg, seine Schwester Claudia (Ärztin) in Hamburg. Durch diese Figuren werden die Auswirkungen sehr real und erfahrbar. Erschreckend auch wie rechte Gruppierungen und Verschwörungstheoretiker Aufwind bekommen. Außerdem folgt man Nelson Carius und seiner Kollegin bei der Suche nach den Verantwortlichen. Ortsangaben über jedem Kapitel geben Orientierung, welchem Strang man gerade folgt. Es beginnt schon spannend indem man dem unbekannten Hacker über die Schulter sieht, wie er das Virus auf die Reise schickt und diese Spannung bleibt auch konstant erhalten. Das Buch führt sehr anschaulich vor Augen, wie abhängig wir alle längst vom Internet sind und welche katastrophalen Folgen ein Ausfall für uns hätte. Es hat mich auf jeden Fall nachdenklich gemacht, denn nach Expertenmeinung (s. Nachwort) ist innerhalb der nächsten 10 Jahre tatsächlich ein Internetausfall zu erwarten. Cyberangriffe auf einzelne Firmen oder Behörden kennen wir ja bereits. Das Buch führt auf jeden Fall vor Augen, wie angreifbar unsere Gesellschaft durch die fortschreitende Digitalisierung ist und macht nachdenklich.

Der temporeiche und spannende Wirtschaftsthriller hat mich gefesselt und nicht mehr losgelassen, obwohl ich bereits frühzeitig ahnte, wer der/die Drahtzieher hinter dem Ganzen sind. Wer oder was hinter dem Tod von Carius Eltern steckt, wird allerdings nicht aufgedeckt. Das hat mir gefehlt, denn es gibt ja wohl keine Fortsetzung. Die Charaktere waren gut gewählt, blieben aber teilweise etwas blass.
„Systemfehler“ ist auf jeden Fall ein lesenswerter Thriller der gut unterhält und gleichzeitig nachdenklich macht, denn er führt uns vor Augen, dass der Segen der fortschreitenden Digitalisierung auch gleichzeitig zum Fluch werden kann und dies sehr realitätsnah. Ich kann es nur weiterempfehlen.

Das Cover in den Farben Gelb, Orange und Rot mit einem verschwommenen W-LAN Zeichen und Sendemast ist gut gewählt und passt hervorragend zur Handlung.