Wenn die Digitalisierung zur Gefahr wird

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In seinem neuesten Thriller „Systemfehler“ beschreibt der Journalist Wolf Harlander packend die Schattenseiten unserer zunehmend vernetzten und digitalisierten Welt. Was passiert, wenn plötzlich das Internet flächendeckend in Europa ausfällt? Der Flugverkehr bricht zusammen, Supermärkte können keine Lieferungen mehr aufgeben, die intensivmedizinische Versorgung ist dank hochmoderner Geräte nicht mehr möglich – der gesamte Alltag der Menschen gerät von einer Sekunde auf die andere aus den Fugen. Mitten in diesem erschreckenden Szenario findet sich der IT-Experte Daniel Faber mit seiner Familie wieder. Und als wäre das alles nicht genug, gerät er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auch noch ins Visier des BND-Sonderermittlers Nelson Carius, der in ihm einen möglichen Drahtzieher hinter den Internetausfällen vermutet.

Harlander entwirft in seinem Thriller einen hochspannenden und dabei erschreckend realistischen Ausnahmezustand, der das Alltagsleben, so wie wir es kennen, binnen kürzester Zeit vollkommen auf den Kopf stellt. Mit Unbehagen muss man als Leser feststellen, in welch einer komplexen und hoch vernetzten Welt wir heutzutage Leben, aus der das Internet mit all seinen Vorteilen kaum noch wegzudenken ist. Nun zeigt uns Harlander auf beklemmende Weise die Kehrseite unserer digitalisierten Gesellschaft auf.
Trotz der teils dramatischen Szenen, die sich im Laufe der Handlung abspielen (Flugzeugabstürze, Massensterben auf den Intensivstationen, gewaltsame Protestaktionen und das Aufstreben rechtsextremer Gruppierungen, die die Hilflosigkeit der Regierung nutzen wollen), waren die Schilderungen für mich stets glaubhaft, denkt man nur an die Ereignisse während der Corona-Pandemie im letzten Jahr zurück. Auch die Auflösung der Drahtzieher hinter dem Computervirus – kam sie für mich zwar nicht völlig überraschend – fügte sich sinnvoll in die Geschichte ein.

Der einzige kleine Kritikpunkt waren aus meiner Sicht die Protagonisten, welche letztlich etwas blass blieben. Zwar erfährt man trotz der vielen Erzählperspektiven und Handlungsstränge (Daniel Faber und seine Familie in München, seine Mutter Renate in Nürnberg oder Nelson Carius und seine Kollegen vom BND in Berlin) einiges über die Charaktere und ihren Umgang mit dieser Extremsituation, manche Dialoge und Handlungen wirkten mitunter doch zu konstruiert.

Mein Fazit: Wer gerne spannende und gut recherchierte Wirtschaftsthriller liest, dem ist „Systemfehler“ auf jeden Fall zu empfehlen. Nach dem Lesen wird man sicherlich mit einem anderen Blick auf unsere zunehmend digitalisierte Gesellschaft sehen.