Protest im Wandel der Zeiten

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takabayashi Avatar

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Annika lebt mit ihrem Mann in Lübeck und führt dort eine edle Papeterie. Sie lebt ein großbürgerliches Leben und fühlt sich glücklich und zufrieden. Ihre Vergangenheit als Hausbesetzerin in der Hamburger Hafenstraße hat sie weitgehend verdrängt. Und auch die belastenden Erinnerungen an ihre Freunde von damals, Milena und Matti.
Und dann kommt plötzlich die 17jährige Luzie in ihren Laden - klaut dreist eine von Annikas selbst entworfenen und gezeichneten Postkarten und kauft eine Tube Sekundenkleber. Annika wird etwas später klar, dass Luzie eine Klimakleberin ist, und sie eilt ihr nach um sie vor möglichen Dummheiten zu bewahren, kommt aber zu spät, Luzies Aktion ist schon in vollem Gange und durch Annikas Wunsch, die junge Frau zu beschützen, wird sie auch darin verwickelt und beide verbringen eine Nacht in Polizeigewahrsam.
Von nun an sind die beiden miteinander verbunden. Luzie erinnert Annika an ihre verstorbene Freundin Milena und sie entwickelt Muttergefühle für sie und lässt sich von Luzie nicht abwimmeln. Sie fahren zusammen nach Hamburg zu einer großen Demo und ihre Erinnerungen stürmen massiv auf Annika ein. Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen: in den Achtziger Jahren in der Hamburger Hausbesetzerszene und in der Jetztzeit. Über Luzie erfahren wir nicht allzu viel, sie lebt auf der Straße und hat eine extrem defätistische Einstellung. Sie spielt aber auch nicht die Hauptrolle in dieser Geschichte, sie wird von der Autorin als Katalysator eingesetzt: sie bringt Annika dazu, sich mit ihren Altlasten auseinanderzusetzen. Annikas Verhalten verlangt etwas "suspension of disbelief" vom Leser, aber wenn man das hinkriegt, ist es eine durchaus spannender und unterhaltsamer zeitgeschichtlicher Roman vor dem Hintergrund der Protestkultur verschiedener Generationen. Hätte allerdings durchaus noch etwas mehr Tiefgang und Charakterisierung der handelnden Personen vertragen.