Alltag in einer schottischen Buchhandlung

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mythenmetzfan Avatar

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In "Tagebuch eines Buchhändlers" schildert Shaun Bythell seinen ganz normalen Alltag, um nicht zu sagen, den ganz normalen Wahnsinn, den man als Leiter einer Buchhandlung Tag für Tag und Woche für Woche erlebt.

Er muss sich mit Kunden und seinen Mitarbeitern herumschlagen, mit der Post, Telefonanfragen oder mit netten Konkurrenten wie Amazon, um die man aber nicht herumkommt. Begonnen hat das ganze eigentlich ganz harmlos. Er wollte immer mal wieder lustige Sprüche oder Anfragen notieren. Es wurde dann aber ziemlich schnell ein Tagebuch daraus, weil ständig und jeden Tag lustige, skurile und schräge oder auch traurige Geschichten geschahen. Wir lernen neben unserem klischehaften schottischen Buchhändler Shaun auch seine Mitarbeiter und einige seiner Stammkunden und Freunde mit all ihren Marotten kennen, viele auch lieben. Mit manchen, wie z.B. mit seiner Mitarbeiterin Nicky, bin ich als Leserin aber nie warm geworden. Überhaupt scheint die Buchhandlung dadurch, dass Buchhandlungen im allgemeinen angeblich auf dem absteigenden Ast sind und dadurch dass Shaun kein hohes Gehalt zahlen kann, eigentlich fast nur schräge Vögel als Mitarbeiter anzulocken, die meistens weder zu Shaun, noch zu den Kunden besonders höflich sind, und die anscheinend Spaß daran haben, das Geschäft durcheinanderzubringen.
Das hat mich etwas gestört und auch, dass Shaun nichts oder wenig dagegen unternimmt, vielleicht weil es ihm egal ist, vielleicht aber auch, weil es ihm nicht liegt "den Chef raushängen zu lassen", was aber manchmal nötig wäre.

Die Sprache des Tagebuchs ist meistens abgehackt und eher emotionslos. Die Gefühle und der Humor kommen eigentlich nur von den Geschehnissen an sich. Das mag zu Shauns Auffassung seines literarischen Talents passen, als Leser würde man sich aber manchmal doch noch den ein oder anderen Satz mehr oder die ein oder andere ausgedrückte Emotion zum Geschehen wünschen. Das ist aber auch der einzige Grund, warum ich dem Buch nur 4 Sterne gebe.

Insgesamt hat mir die Lektüre Spaß gemacht, auch wenn sie einfach ein wahllos herausgegriffenes Jahr im Leben eines Buchhändlers darstellt und genauso gut ein paar Monate vorher einsetzen könnte oder ein paar Monate länger schildern könnte. Die Geschichten würden sich vermutlich nicht sonderlich unterscheiden und auch, wenn eigentlich nur Besonderheiten geschildert werden, schleicht sich doch, besonders auch durch die Sprache und Erzählweise ein Gefühl von Monotonie und gleich ablaufenden Tagen und Wochen ein - aber das ist wahrscheinlich in jedem noch so spannenden Beruf so.

Besonders gut gefallen und positiv hervorheben möchte ich noch Shauns Hass auf Amazon im Allgemeinen und auf den Kindle im Besonderen. Den sollten wir uns alle zu Herzen nehmen und mehr und öfter bei unseren lokalen Buchhändlern einkaufen.