Ausflug in einen Buchladen

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magicblue Avatar

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Worum geht es:
Shaun Bythell ist Buchhändler, sein Laden The Bookshop befindet sich in Wigtown, Scottland und ist die größte Secondhand-Buchandlung des Landes. In seinem Buch, das als Tagebuch geschrieben ist, liest man über exzentrische Kunden, unhöfliche Angestellte und eine ständig leere Kasse. Aber man kann auch die schönen Seiten seines Geschäfts erleben, den Nervenkitzel eines unerwarteten antiquarischen Fund und der Charme der Küstenstadt Wigtown.

Ich danke vorablesen.de und dem btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH herzlich für ein Rezensionsexemplar des Buches.

Das Cover des Buches vermittelt ein wohliges Gefühl, in dem die Farben draußen blau und weiß sind und so vielleicht ein bisschen die Kälte draußen widerspiegeln. Man sieht dort nur einen Menschen und er liest etwas, dass er vielleicht im Buchladen gekauft hat. Bei dem Blick durch die Fenster ins Innere des Ladens sieht man den Kontrast. Im Laden ist es hauptsächlich Orange und andere weiche warme Farben. Man sieht Menschen dort sitzen und Lesen. Der Laden wirkt sehr einladend und in der Tür steht wahrscheinlich Shaun Bythell, der einen womöglich begrüßen will oder einladen, den Laden zu betreten. Ich finde, es stimmt einen schon mal auf das Buch ein und wirkt einfach sehr einladend und interessant.
Den Schreibstil finde ich wirklich sehr angenehm zu lesen und gerade, weil es als Tagebuch geschrieben ist und die Tageseinträge nicht sehr lange sind, kann man das Buch auch sehr schön zwischendurch lesen. Am Anfang eines Monats findet sich immer ein Bild, ein Zitat aus George Orwells Erinnerungen an eine Buchhandlung, auf den Shaun dann in einem kurzen Text darauf Bezug zu nehmen und die Situation im Hier und Jetzt darzustellen und seine Ansicht dazuzuschreiben. Man wird davon im neuen Monat ganz nett begrüßt und es vermittelt einem das Gefühl nicht nur ein Tagebuch zu lesen, sondern es bisschen auch ein Teil der Welt des Autors zu werden. Durch den Schreibstil fühlt man sich auch ein bisschen, als würde man den Laden selbst führen, zumindest auch dort arbeiten oder jeden Tag als Kunde vorbeizuschauen (und einer der Kunden zu sein, die nicht unhöflich sind). Es gibt einem den Eindruck von Unmittelbarkeit und baut Spannung auf, weil man einfach wissen will, wie es im Laden weitergeht, welche Kunden kommen oder welche Bücher der Autor noch finden mag. Außerdem ist es, zumindest für mich, einfach sehr spannend etwas über Buchhändler, ihre Läden und das Gewerbe zu erfahren.
Während man das liest (und da ich wirklich nichts mit dem Buchhandel zu tun habe, außer eben als Kunde), kann man gar nicht wirklich glauben, dass die Kunden wirklich so bizarr sind und das auch so passiert ist. Es ist manchmal einfach viel zu komisch. Aber so habe ich jetzt ein bisschen Mitleid mit den Buchhändlern und vor allem freue ich mich, dass ich nicht zu den Kunden gehöre, die ihre nicht gekauften Bücher irgendwo liegen lassen.
Der erschossene Kindle hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, da ich auch kein sehr großer Fan von Amazon bin und als ich dann das Foto sah, als der „tote“ Kindle wie eine Jagdtrophäe im Laden an eine Wand gehängt wurde, musste ich wirklich lachen. Allein schon dafür müsste man dem Laden mal einen Besuch abstatten. Ansonsten erwarten einen kleine Geschichten von Kunden, über die Streifzüge von Shaun Bythell auf der Suche nach Büchern für seinen Laden und geheime Schätze unter diesen, die er entdeckt und allgemein darauf wie ein Buchladen eben so funktioniert. Gerade für mich ist das sehr interessant, weil ich Bücher wirklich liebe und ich sehr gerne in Buchläden bin. Und vor allem, weil ich mich das immer schon gefragt habe. Es gibt aber auch Geschichten von seinen Freunden, vom Angeln und dem Buchfestival in Wigtown. Gerade das Festival fand ich sehr interessant. Nur leider bekommt man als Leser davon nicht alles mit, weil Bythell ja auch nicht alle Veranstaltungen besuchen kann. Das fand ich ein wenig schade.
Shaun kommt ganz sympathisch in seinem Buch rüber, wenn er vielleicht auch etwas verschroben ist, man liest gerne, was er schreibt. Ziemlich oft ist man sogar seiner Meinung. Natürlich ist man in dem Buch auf seine Sicht der Dinge und seine Einschätzungen limitiert, was ich persönlich aber nicht weiter schlimm fand.
Dann gibt es seine Angestellte Nicky. Sie ist ein bisschen spezielle, aber ich liebe ihren Bus, den sie Bluebell getauft hat. Nicky wirkt sehr lebensecht und trotz ihrer Schrulligkeit mag man sie ziemlich schnell gerne, sie wird in den Einträgen wirklich sehr gut gezeichnet. Und gerade, weil sie fast nie das macht, was der Autor ihr aufträgt, frage ich mich, wieso sie eigentlich bei ihm arbeitet. Sie arbeitet in Bythells Laden zwei Tage in der Woche und gerade deshalb hat man auch sehr viel Zeit um sie gut kennenzulernen. Es gibt auch noch andere Angestellte, nur sie sind, vor allem dadurch, dass sie vergleichsweise kurz in dem Buchladen arbeiten, schwächer gezeichnet und während des Lesens habe ich sie wohl auch ein bisschen durcheinander gebracht, vor allem da sie alle unhöflich von dem Autor beschrieben werden.
Captain, den Kater von Bythell würde ich wirklich gerne einmal sehen. Gerade deshalb, weil er im Buch anscheinend kontinuierlich fetter wird und ich das gar nicht so glauben kann.
Natürlich gibt es dann auch noch Freunde und Familie von Shaun Bythell, die je nachdem wie oft sie vorkommen, immer besser gezeichnet werden und natürlich seine Lebensgefährtin Anna. Gerade, weil sie nicht so oft in Wigtown ist, sondern in London, bleibt sie dem Leser vergleichsweise unbekannt. Gerade weil es aber ein Tagebuch ist über reale Menschen, kann ich es aber verstehen, dass man als Autor nicht jeden wirklich gut zeichnen will oder kann. Immerhin gibt es diese Menschen ja wirklich.

Alles in allem fand ich das Buch wirklich sehr gut zu lesen. Ich wollte immer noch einen weiteren Tag lesen und war deshalb, dann auch relativ schnell fertig. Natürlich ist es nicht spannend im Sinne eines Krimis oder Fantasy-Epos, aber es ist spannend, wenn man einfach wissen will, was der nächste Tag für den Buchladen bringt. Es hat mich jetzt nicht überwältigt, aber es zu lesen war immer wie ein Abend am Kaminfeuer, es war einfach heimelig und ein bisschen wie in ein anderes Leben heimzukommen. Es ist ein gutes Buch für Menschen, die Bücher einfach lieben oder schon einmal den Traum von einem Buchladen hatten.