Literatur hat eigentlich nur zwei Themen: Die Liebe und den Tod.

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evelynmartina Avatar

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Beim Lesen des Romans „Tanz auf Glas“ von Ka Hancock ist mir sofort dieses Zitat von Marcel Reich-Ranicki eingefallen, da es in der Geschichte von Lucy und Mickey von der ersten bis zur letzten Seite ausschließlich um Liebe und Tod geht.

Lucy und Mickey sind vom Schicksal gebeutelt und haben ihr Päckchen zu tragen: In Lucy lauern bösartige Krebszellen, in Mickey bösartige Geister, die ihn entweder in die Manie oder in die Depression treiben. Trotz offensichtlich schlechter Vorzeichen, eingebettet in eine Kleinstadtidylle und umgeben von besorgten und kritischen Familienmitgliedern, lassen sich die beiden auf eine Beziehung ein, heiraten und durchleben in der Ehe emotionale Höhen und Tiefen und gewaltige Schicksalsschläge. Und dann stehen sie auch noch vor einer Entscheidung, die zukunftsweisend ist und weitreichende Folgen nach sich zieht.

Was den Roman meiner Meinung nach besonders auszeichnet, sind die starken Charakteren der zwei Hauptfiguren, mit denen der Leser einfach mitfühlen und mitleiden muss. Dass die Autorin aus dem Berufsfeld der Psychiatrie kommt, spiegelt sich vorrangig in der Person Mickey wider, deren Gedanken, Zustände und Befindlichkeiten sie realitätsnah beschreibt. Aber auch die Darstellung der Figur Lucy als selbstbewusste, zielstrebige und sensible Frau wirkt echt und ungekünstelt.
Dahingegen ist das Geschehen eher handlungsarm. Es bleibt stehen, dreht sich im Kreis und ist leider vorhersehbar. Zunehmend schrammt es nahe am Kitsch vorbei, das Ende gleicht dem eines Groschenromans.
Zugegeben, die Erzählung ist geschickt aufgebaut: Wechselnde Perspektiven, Rückblenden und dramaturgische Elemente machen das Lesen abwechslungsreich. Im Verlauf ähnelt der Roman allerdings mehr einer Leidens- als einer Liebesgeschichte. Und der Weg des Leidens ist ein langer, immerhin 528 Seiten, für mich am Schluss definitiv zu lang und schier unerträglich.

Wer also das Buch lesen möchte, sollte gewappnet und bereit sein, sich mit brisanten Themen wie Krankheit und Tod auseinandersetzen zu wollen. Denn eines steht fest: „Tanz auf Glas“ ist kein Stimmungsaufheller und in meinen Augen nicht geeignet für entspannte Lesestunden.
Ich jedenfalls brauche jetzt erst einmal eine Lektüre, die mich aufheitert.