Orientierungslos

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heroemil Avatar

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Als der Kinderwunsch von Lorenza und Paolo definitiv unerfüllt bleibt, leidet die Beziehung des Paares. Klimawandel, Terrorismus, und Kriege tragen dazu bei, dass sich Paolo, der Protagonist des Buches, neben den persönlichen Problemen Sorgen um die Zukunft der ganzen Welt macht.
Paolo versucht Abstand zu gewinnen indem er als wissenschaftlicher Journalist für eine Tageszeitung recherchiert und nebenbei an einem Buch über die Auswirkungen der Atombomben, die 1945 Hiroshima und Nagasaki zerstörten, arbeitet.
Seine journalistische Arbeit führt ihn u.a. zur Klimakonferenz nach Paris. Als Dank für die Vermittlung der Akkreditierung verpflichtet er sich, regelmäßig Beiträge zu verfassen. In Paris lernt er Novelli kennen. Es entwickelt sich eine nicht unkomplizierte freundschaftliche Beziehung, die später ein Teil der Geschichte wird.
Die journalistische Tätigkeit ermöglicht es Paolo, die Welt zu bereisen, doch wirklich Zuhause fühlt er sich an keinem Ort. Sein unstetes Leben entwickelt sich allmählich zur Flucht vor der Realität.
Die Angst vor Terroranschlägen, Naturkatastrophen, aber auch negative Ereignisse im privaten Umfeld bestimmen sein Denken und Handeln.
Wo findet er einen Ort der Geborgenheit, Ruhe und Sicherheit? Die Klärung dieser Frage wird seine Zukunft bestimmen und ist damit meine Erwartung an das Buch. Obwohl die Verbindung zu Lorenza nie völlig abbricht, wird die Beziehung immer fragiler.
Hin und wieder war ich geneigt, Paolo als Egoist zu sehen.
Der Schreibstil Giordanos ist flüssig und die einzelnen Textabschnitte sind übersichtlich angeordnet. Besonders schön fand ich die Milieubeschreibungen seiner Reiseziele.
Gelungen die Schilderungen von „Dingen, die man tut, wenn einen niemand sieht.“
Die fiktive Geschichte, die auch dokumentarische Inhalte hat, wird in der Ich-Form erzählt.
Ich verstehe das Buch „Tasmanien“ von Paolo Giordano als Suche des Protagonisten nach seinem persönlichen Tasmanien, als Gleichnis für einen Zufluchtsort.
Als Leser konnte ich seine Ängste durchaus nachempfinden. Mein Tasmanien habe auch ich noch nicht gefunden, aber das Buch ist für mich Anlass, meine verborgenen Vorstellungen von Zukunft zu deuten.
Es ist keine leichte Kost, aber eine sehr interessante Geschichte, auf die man sich einlassen muss. Das Buch „Tasmanien“ ist wirklich lesenswert und ich kann es nur weiterempfehlen.