Zeit im Aufbruch

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milena Avatar

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"Ein russischer Spion, eine junge Amerikanerin und ein Berliner Ermittler, der sich beweisen muss", mit dieser Aussage ist der Kriminalroman, der in Westberlin Ende der Sechzigerjahre spielt, angekündigt. Ich war vor allem auf den Schreibstil gespannt, weil sich hinter dem Autorennamen Lutz Wilhelm Kellerhoff ein Autorentrio verbirgt. Im Laufe des Lesens habe ich dies aber wieder vergessen, weil für den Leser die Art und Weise der Zusammenarbeit nicht erkennbar wird. Die Geschichte ist einerseits spannend erzählt, auf der anderen Seite ist das Lokalkolorit und der geschichtliche Bezug zur damaligen Zeit fast noch interessanter als die Frage, wer die Frau eines jüdischen Richters ermordet hat.
Wolf Heller, ein durchwegs sympathischer Kommissar, der privat durch die Krebserkrankung seiner Frau schwer gebeutelt ist, macht bei der Observierung des Hauses des Richters den entscheidenden Fehler, als er den Posten verlässt, um zu kontrollieren, weshalb ein Baby sehr herzzerreißend weint. In der Zeit betritt der Mörder das Haus und Heller kann nicht eingreifen. Rebecca Hirsch wird ermordet. Ihre amerikanische Nichte Louise Mackenzie findet die Leiche und ist schwer entschlossen, alles Erdenkliche dazu beizutragen, den Mord an ihrer Tante aufzuklären. Dass sie hierbei alte Familiengeheimnisse aufdeckt, ist ein interessanter Nebenstrang der Geschichte. Louise selbst sympathisiert stark mit den revolutionären Kräften dieser Zeit, ebenso wie die Stiefschwester von Kommissar Heller, Petra, die eigens aus Berchtesgaden angereist ist, um die Zeit des Aufbruchs im wahrsten Sinne des Wortes hautnah mit zu erleben. Die Gegenseite ist der russische Geheimdienst, der über den Spion Poljakov, eigene Interessen in Berlin verfolgt. Mehr sei an der Stelle nicht verraten. Ich habe den Roman gerne gelesen. Ein Punkt Abzug gibt es aber doch für die etwas zu klischeehafte Zeichnung der gesellschaftlichen Gruppen, die in dem Buch aufeinandertreffen.