Gutes Buch, aber Potenzial nicht voll ausgeschöpft

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katykate Avatar

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Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich sehr begeistert. Ich mochte diesen direkten Schreibstil mit dem Santos de Lima aktuelle gesellschaftskritische, feministische Themen anpackt. Die Autorin nimmt hier kein Blatt vor den Mund und punktet mit einem direkten, aber nicht vulgären Schreibstil. Dadurch lässt sich das Buch gut lesen und hat mich von Beginn an auf ganz besondere Art angesprochen.

Die Begeisterung ließ aber leider schnell nach. Obwohl die gesellschaftskritischen Themen so gut sind und ich mich als Frau Ende 20 in sehr vielen Dingen angesprochen gefühlt habe, habe ich die gesamte Handlung als wahnsinnig flach empfunden.


Denn genau diese wichtigen, ansprechenden Themen, sind so essayhaft geschrieben, dass sie mich regelmäßig aus der Handlung dieses erzählerischen Romans herausgerissen haben. Es ist immer wieder so als würde Santos de Lima bei einem Thema, dem Tess in ihrem Alltag begegnet (wie zum Beispiel einem Man, der stundenlang nicht antwortet, oder einer Freundin, die in einer toxischen Beziehung feststeckt), aus dem Buch heraustreten und eine Vortrag über Feminismus halten. Ihre Worte sind dabei durchaus stark, wichtig und treffen genau die richtigen Punkte. Aber es wirkt eben eher wie ihre Worte und nicht die der Protagonistin.

Und genau so ging es mir auch bei Tess’ Emotionen. Ich konnte sie zu jeder Zeit nachvollziehen - sehr vieles, das die Protagonistin erlebt, habe ich so auch schon erlebt. Zwar bin ich keine Dating-Expertin, musste in meinem Leben bisher zum Glück sehr wenig daten. Aber trotzdem kennt man einige sehr typische Situationen aus dem Leben einer jungen Frau. Aber das Nachvollziehenkönnen ist nicht das gleiche, wie es mit zu fühlen. Und das habe ich bei diesem Roman leider sehr wenig. Denn neben den essayhaften Passagen kommen die erzählerischen deutlich zu kurz. Man lernt Tess gut kennen und erlebt auch ihre Gedankenwelt mit, aber mir hat hier einfach die Tiefe gefehlt, um beim Lesen dieses Buches wirklich zu fühlen. Und es ist super schade, dass ich bei einem Buch, das mich auf so vielen Ebenen persönlich anspricht, nicht wirklich etwas fühle.

FAZIT
»That Girl« ist ein gutes Buch, das für Frauen wichtige, gesellschaftliche Themen einfängt. Ich habe mich in dem Erstreben danach, ein That Girl zu sein sehr wiedergefunden, weshalb mich das Buch auf vielen Ebenen angesprochen hat. Aber insgesamt ist es einfach zu flach. »That Girl« hat nur 288 Seiten und das merkt man beim Lesen sehr. Es wirkt sehr essayhaft, wenig emotional und einfach nicht ganz ausgereift. Als wäre die Geschichte um Tess nicht wirklich fertig erzählt.