Rache, Vergeltung und Gerechtigkeit - ein zeitpolitischer Kommentar

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melail Avatar

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„Die Black Coats“ vergeben keine Schuld und nehmen es dabei gerne in die eigenen Hände, für Gerechtigkeit und Vergeltung zu sorgen. Auch die Protagonistin Thea träumt von ihrer ganz eigenen Rache und steigt alsbald zur Leiterin ihrer eigenen Kompanie Black Coats auf, nur um dann zu erkennen, dass ihre Rachefantasien vielleicht doch lieber Gedankenspiele bleiben sollten …

Das Buch konfrontiert einen als Leser mit Fragen, die so heutzutage überall sehr vehement diskutiert werden und die Gesellschaft allzu oft zu spalten scheinen.
Ist es wirklich richtig, Gewalt mit Gewalt zu vergelten? Richtet sich Gewalt tatsächlich immer nur gegen Frauen? Können auch Männer Opfer sein? Gibt es jemals wirklich Gerechtigkeit? Und ja – was für ein Mensch ist der Täter gewesen – und was für ein Mensch ist er heute? Darf ich mit „so jemandem“ Mitleid haben – geht das überhaupt?
Das alles sind (moralische) Grundsatzfragen, die die Gemüter ungemein erhitzen. Vor allem auch einem Täter seine Menschlichkeit nicht abzusprechen und sich mit den Auswirkungen der Situation auf eben diesen auseinanderzusetzen, scheint für viele heutzutage ein Ding der Unmöglichkeit.
Gerade deswegen finde ich das Buch wahnsinnig gelungen. Man ist als Leser zu Beginn natürlich auf der Seite der Opfer und möchte, dass diese Gerechtigkeit erfahren – aber wie weit darf man dabei gehen? Darf „man“ überhaupt eigenhändig agieren?

Denn irgendwann werden die Einsätze der Gruppe immer brutaler und nicht nur die Mädchen beginnen zu zweifeln, sondern auch der Leser. War man anfangs noch auf Seite der Black Coats und möchte Gerechtigkeit für den Mord an Theas Cousine, wird man plötzlich mit seinem eigenen Moralverständnis konfrontiert und schlagartig hat diese „harmlose“ Geschichte über Rache einen bitteren Beigeschmack.

Fazit
Einerseits ein Buch für alle erwachsenen Leser, die den Wunsch nach Rache und einer Zahn um Zahn Politik zwar begrenz und in einzelnen Fällen nachvollziehen können, sich aber klar von dem Bedürfnis nach einer Mittelalterjustiz distanzieren können.
Andererseits ein Buch für alle heranwachsenden, deren moralisches Verständnis eventuell noch nicht so stark ausgeprägt ist, die sich noch nicht entschieden haben, was Gerechtigkeit für sie bedeutet, oder die vielleicht ganz einfach noch nie darüber nachgedacht haben, was in Extremsituationen richtig und was falsch wäre.