Ein Bunker als Rückzugsort

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Nachdem Evans Heimatort von einem Hurrikan erfasst wurde, ist der Ort noch ohne Strom, die Straßen sind unpassierbar. Wegen der Zerstörungen nehmen die Großeltern des 13Jährigen seinen neuen Klassen-Kameraden Ricky bei sich auf, der ein gewaltiger Schlaumeier zu sein scheint. Da die Erwachsenen mit Reparaturen beschäftigt sind, können Evan und seine besten Freunde ungestört ermitteln, ob ihr „Fort“ den Sturm überlebt hat, das sie sich in einer senkrechten Felsspalte gebaut haben. Der Unterschlupf liegt in Trümmern, stattdessen finden sie im Schlamm verborgen eine eiserne Falltür, die zu einem komplett eingerichteten und mit Elektrizität versorgten Bunker aus der Zeit des Kalten Krieges führt.

Evan, Mitchell, CJ, Jason und Evans älterer Bruder Luke leben alle in komplizierten Verhältnissen. Die Eltern der Brüder waren drogensüchtig und ließen ihre Söhne einfach bei den Großeltern zurück, CJ versucht mit immensem Aufwand zu verbergen, dass sein Stiefvater ihn und die Mutter prügelt, Jason ist mit der überaus kritischen Janelle zusammen (deren Vater ausgerechnet der Ortspolizist ist) und Mitchell leidet neben seiner Lernstörung an einer Zwangserkrankung, wegen der er eine Sonderklasse besucht. Ricky hatte vor seinem Umzug eine Klasse übersprungen und ist daher jünger als die Clique. Das Abenteuer Bunker mitsamt der Unterhaltungselektronik der 80er könnte so aufregend sein, käme den Jungen nicht Luke mit seinem kriminellen Kumpel Jaeger in die Quere. Nicht nur der Bunker muss vor dem penetranten Duo verborgen werden, sondern die eskalierende Gewalt in CJs Familie erfordert schnelles, überlegtes Handeln der Clique.

Fazit
Abenteuer von Kindergruppen liefern stets vielfältige Identifikationsmöglichkeiten. Als Icherzähler wechseln sich hier fünf 13Jährige von unterschiedlichem Temperament ab und sorgen damit an jedem Kapitelende für einen Cliffhanger. Kurze Kapitel reißen auch ungeübte Leser:innen mit. Das spannende Abenteuer um einen bisher unentdeckten Bunker klingt im Ton seiner Icherzähler etwas zu erwachsen. Dem cleveren Ricky konnte ich seine Schlagfertigkeit problemlos abnehmen, seine Freunde formulieren mir für ihr Alter jedoch zu geschliffen. Wie sich dramatische Lebensumstände eben auswirken können. Mit dem Thema familiäre Gewalt und Co-Abhängigkeit der misshandelten Mutter wagt sich Gordon Korman an ein Problem, das Kinder allein nicht lösen können. Das Eingreifen Erwachsener wirkt in seinem Roman größtenteils glaubwürdig; und die Botschaft, dass Gewalt keine Privatangelegenheit ist, finde ich geschickt platziert.

Die Originalausgabe wird von deren Verlag ab 10 Jahre empfohlen, die deutsche Übersetzung erst ab 12. Kinder, die sich bei der Wahl des Buches des Gewaltthemas bewusst sind, können sich m. A. hier bereits ab 10 Jahren fesseln lassen.