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darcy Avatar

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Molly arbeitet in einem vornehmen Hotel als Zimmermädchen. Sie ist Mitte Zwanzig und lebte mit ihrer Großmutter bis zu deren Tod vor einigen Monaten in einer bescheidenen Wohnung. Molly trauert sehr um sie, sie standen sich sehr nahe. Und in der Tat ist ihre Gran in ihren Gedanken noch sehr präsent und sie hört ständig ihre Lebensweisheiten in ihrem Kopf. Molly liebt ihre Arbeit. Sie liebt es, jeden Morgen ihre saubere Uniform anzuziehen und sie liebt ihren Putzwagen, der mit Seifen, Handtüchern, Putzzeug und was man sonst so braucht als Zimmermädchen, üppig bestückt ist. Ihr ganzer Stolz ist es, jedes Zimmer immer wieder aufs Neue in einen Zustand der Perfektion zu bringen. Molly braucht diese Rituale, diese Regeln. Sie ist etwas anders als die meisten Menschen. Es wird nie näher drauf eingegangen, aber wahrscheinlich hat sie eine Form von Autismus. Sie kann Mimik nicht richtig deuten und nimmt alles was sie hört wortwörtlich. Früher half ihre Gran ihr immer, ihre menschlichen Interaktionen zu deuten. Aber nun ins sie aus sich alleine gestellt. Zudem hat sie eine eigene, etwas gestelzte und altertümliche Ausdrucksweise. Einmal meint jemand, dass man Molly leicht übersehen kann bis sie denn anfängt zu sprechen. Natürlich ist sie dadurch die Zielscheibe von Gespött. Aber sie hat gelernt, darüber zu stehen.

Eines Morgens findet sie einen toten Mann in einem der Hotelzimmer. Das ist dann der Beginn einer Cosy Crime Story. Anders als auf dem Buchcover angekündigt, ermittelt Molly aber gar nicht. Vielmehr wird sie selbst sehr rasch zur Verdächtigen und es bedarf der Hilfe ihrer wenigen unerwarteten Freunde, um sie aus dem Schlamassel herauszuziehen.

Menschen mit Asperger oder Autismus als Hauptfiguren in Büchern sind seit einiger Zeit in Mode. Das muss man mögen oder man lässt besser die Finger davon. Da ich selbst niemanden kenne mit diesem Syndrom kann ich nicht beurteilen, wie authentisch die Figur der Molly ist. Mir kommt sie nicht immer konsequent vor. Es gibt durchaus Abweichungen in ihrem Handeln und es erscheint mir etwas unglaubwürdig, auf wieviel Ablehnung sie stößt und offenbar niemand erkennt, warum sie so ist wie sie ist. Aber da die Geschichte nur aus Mollys Sicht beschrieben wird, können wir aber natürlich auch nicht wissen, was die anderen Figuren denken. Mir ist Molly aber im Laufe der Geschichte ans Herz gewachsen und ich empfand ihre Art zu reden witzig.

Als Krimi funktioniert dieses Buch nur bedingt. Der Prolog stimmte mich als Leser auf eine viel düstere Geschichte ein als es denn letztendlich der Fall war. Die Story rund um den Mord an einem reichen Hotelbewohner ist simpel und sehr leicht zu durchschauen. Man merkt auch direkt, wer Molly wohlgesonnen ist und wer ihre Gutgläubigkeit und ihre Unfähigkeit, die Feinheiten im sozialen Umgang zu erkennen, nur ausnutzt. Die Rahmenhandlung des Krimis ist also eigentlich nur Beiwerk. Hauptsächlich geht es hier um Molly, um eine Person, die anders ist als die „Norm“, um Menschen, die wichtige Arbeiten verrichten aber immer übersehen werden. Das wird alles mit leichtert Hand als unterhaltsame Geschichte verpackt, die man unkompliziert weglesen kann. „The Maid“ ist kein spannender Krimi, kein hochkomplexes Werk mit Tiefgang sondern ein leichter Unterhaltungsroman mit sympathischen Figuren.