Bleibt deutlich hinter dem ersten Band zurück

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bücherliebe<3 Avatar

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Jude und Sadie sind seit Kindertagen beste Freunde. Er würde alles für sie tun und sie für ihn – nur mit dem gegenseitigen Eingestehen, dass da vielleicht mehr als nur freundschaftliche Gefühle sind, hat es seit Jahren nicht geklappt. Als Sadie’s Vater stirbt und ihre Familienfarm vor der Zwangsversteigerung steht, macht Jude ihr mit dem Ziel, als Eheleute den Kredit bewilligt zu bekommen, der Sadie allein verwehrt bleibt, einen Heiratsantrag. Es ist in erster Linie ein Zweckbündnis, aber die Farce zwingt Jude und Sadie dazu, sich auf eine ganz neue Art und Weise miteinander zu beschäftigen. Und so bietet sich die Chance, dass lange verborgene Gefühle an die Oberfläche kommen und beide gezwungen werden, darüber nachzudenken, was sie eigentlich wirklich vom Leben wollen…
Während der erste Band der Reihe rund um die Plain Daisy Ranch zwar auch nicht wahnsinnig tiefgründig war, mich aufgrund des cozy Kleinstadtgefühls und der Figuren aber trotzdem überzeugte, bleibt dieser zweite Band meiner Meinung nach leider weit hinter Teil 1 zurück. Die Handlung war für mich insgesamt nicht stimmig und rund, worin wohl mein größter Kritikpunkt liegt. Mit dem (Schein-)Hochzeitsthema hatte ich natürlich gerechnet, die Umsetzung der Hochzeitsvorbereitungen (Tantra-Yoga-Kurs…?) konnte mich aber nicht wirklich überzeugen und erschien mir irgendwie weit hergeholt. Vor allem, da die Hochzeit nur sehr wenige Wochen nach dem spontanen Antrag bereits stattfand. Einmal verheiratet, erfolgte das lange aufgeschobene Eingestehen der gegenseitigen Gefühle füreinander in meinen Augen dann merkwürdig plötzlich und zu einem Zeitpunkt in der Geschichte, der entgegen jeder Spannungskurve steht. Etwa ein Drittel der Seiten lag danach noch vor mir und ich habe mich gefragt, was nun noch passieren soll, das diesen „Höhepunkt“ des Plots übersteigt? Tatsächlich dann auch nicht mehr viel. Ich verstehe den Ansatz der Autorinnen, das gegenseitige Ausloten von Lebenszielen und die Zweifel, den jeweils anderen von deren Erreichen abzuhalten, zu thematisieren. War für mich aber leider nicht stimmig in die Geschichte eingeflochten und fühlte sich somit nicht natürlich an. Und dann schließlich das Erfüllen aller denkbaren Klischees am Ende… uff.
Aus Jude als Charakter bin ich zudem nicht so richtig schlau geworden. Eigentlich ist er der grummelig-mürrische Typ, dem ich durchaus etwas abgewinnen kann. Sofern er überzeugend geschrieben ist und nur ganz bestimmte Personen eine andere Seite an ihm hervorlocken können. Bei Jude kam es mir aber so vor, als wäre er nach der Hochzeit auf einmal wie ausgewechselt und ich habe den grumpy Typen gar nicht mehr wiedererkannt. Sofern sich sein Verhalten gegenüber Sadie ändern würde: okay. Aber er legt ja scheinbar insgesamt eine 180°-Wendung hin. Soll mir das sagen, er war nur deshalb mürrisch, weil Sadie und er sich ihre Gefühle nicht eingestanden hatten? Fand ich insgesamt nicht wirklich authentisch. Zudem hatte ich bereits ziemlich zu Beginn einen Moment mit ihm, durch den er sehr viele Minuspunkte gesammelt hat. Zitat: „Und auch Ben [sein Bruder] würde ihr Geld leihen, aber ich will nicht, dass er sich einmischt. Mein Ego und mein Stolz sagen mir, dass ich derjenige bin, der Sadie beschützen muss.“ Sein Ego und sein Stolz? Ernsthaft? Und das ist die Begründung dafür, dass er sie lieber zum Schein heiratet, als sie Geld von seinem reichen Ex-Profifootballer-Bruder nehmen zu lassen? Das hätte man deutlich eleganter lösen können, liebe Autorinnen.
Ein letzter Kritikpunkt: Die Autorinnen fokussieren sich teilweise sehr stark auf Körperlichkeiten und Sex-Szenen zwischen ihren Paaren. Bei Ben und Gillian in Band eins fand ich das mit einem Augenzwinkern authentisch, weil es zu ihrer Second-Chance-Geschichte passte und von Beginn an ihre gegenseitige Anziehung thematisiert wird. Jude und Sadie hingegen werden als Paar eingeführt, die beste Freunde sind und sich gegenseitig auf vielen Ebenen sehr nahe stehen. Sobald ihre romantischen Gefühle füreinander klar sind, kam es mir jedoch vor, als wäre ein Schalter umgelegt worden und ihre Beziehung auf ständige Sex-Begegnungen reduziert worden. Das habe ich als unpassend für die beiden empfunden und hätte mir hier eine viel tiefsinnigere Auseinandersetzung mit ihrer Gesamtsituation und ihrem Verhältnis zueinander gewünscht. Konflikte in dieser Richtung kommen dann ja auch auf, werden aber in meinen Augen sehr hoppladihopp abgehandelt – was wieder in Richtung meiner Kritik am Gesamt-Plot geht.
Positiv zu erwähnen bleibt, dass das Setting der Kleinstadt Willowbrook und der Plain Daisy Ranch mir sehr zusagt und man sich beim Lesen in dieser Welt rundum wohl und geborgen fühlt. Der Schreibstil ist zudem angenehm leicht, sodass man durch die Seiten hindurchfliegt.
Insgesamt für mich eine Fortsetzung, die deutlich hinter dem ersten Teil zurückbleibt, was vor allem den Plot betrifft, aber vielleicht auch am Trope und am Couple liegt. Nichtsdestotrotz bin ich gespannt auf Emmett’s Geschichte in Band drei, von dem ich mir – insbesondere auch aufgrund der bereits bekannten Charakterzüge des Protagonisten – dann wieder mehr verspreche.