Ein Mensch zum verlieben und ein Ort zum Bleiben - 4,5 Sterne

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franeeeeee Avatar

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„The One I Stood Beside“ war für mich ein echtes Lesevergnügen! Auch wenn es sich um den zweiten Band der "Plain Daisy Ranch" - Reihe handelt, lässt er sich wunderbar unabhängig vom ersten Teil lesen. Im Mittelpunkt stehen Jude, der älteste der drei Noughton -Brüder, und seine beste Freundin seit Kindertagen, Sadie Wilkins. Die Geschichte spielt auf einer Farm, was der Handlung eine besondere, warme Atmosphäre verleiht, die mir sehr gefallen hat.

Erzählperspektive, Lesefluss & Kapitelaufbau

Die Geschichte wird wechselnd aus der Ich-Perspektive von Sadie und Jude erzählt. Diese Perspektivwechsel machen es leicht, beide Gedankenwelten zu verstehen und mitzufühlen. Auch wenn sich die Kapitel insgesamt recht ausgewogen zwischen Jude und Sadie aufteilen, liegt der anfängliche Fokus spürbar auf Jude, mehrere Kapitel hintereinander geben uns zuerst, Einblicke in seine Gedankenwelt. Das fand ich angenehm erfrischend, denn so startet die Geschichte mal nicht klassisch über die weibliche Sicht, sondern lässt uns zuerst in seine Rolle, seine Verantwortung und seine Emotionen eintauchen.

Der Schreibstil ist angenehm flüssig und leicht zugänglich. Die Kapitel sind mit rund zehn Seiten schön kompakt gehalten, was den Lesefluss sehr angenehm macht. Ich konnte problemlos "noch ein Kapitel“ weiterlesen. Die klare Struktur hilft dabei, immer gut in der Handlung zu bleiben, auch in emotionalen oder sprunghaften Szenen.

Atmosphäre, Nebenfiguren & Humor

Ein großes Highlight des Buches war für mich die stimmungsvolle Atmosphäre. Die Farm, das Kleinstadtleben und das familiäre Miteinander wurden authentisch und liebevoll beschrieben. Man spürt die ländliche Ruhe, aber auch die Herausforderungen, die mit Verantwortung, Tradition und Gemeinschaft einhergehen. Besonders gelungen ist, wie stark das Familiengefühl vermittelt wird, dass hier jeder mit jedem verbunden ist.

Die Nebenfiguren tragen viel zu dieser Stimmung bei. Judes Brüder Emmett und Ben, aber auch Sadies Cousine Lottie, bringen Humor und Leben in die Geschichte. Ich musste oft schmunzeln über die typischen Neckereien unter den Brüdern, charmant, schlagfertig, und voller Brüderlichkeit.

Besonders schön fand ich außerdem, dass die Hauptfiguren über 30 sind, Sadie ist 33, Jude 34. Das verleiht der Geschichte mehr Realismus und Bodenhaftung, gerade in Bezug auf Themen wie Farmverantwortung, Hausbau und Lebensplanung. Einziger kleiner Kritikpunkt: Die Eltern von Jude und Sadie blieben im Vergleich etwas blass, ohne jedoch den Gesamteindruck zu trüben.

Die Beziehung zwischen Jude und Sadie

Da sich die beiden seit ihrer Kindheit kennen, war von Anfang an eine natürliche Vertrautheit spürbar, kein langes Kennenlernen, keine künstlich erzeugte Spannung, sondern ehrliche Emotionen, die auf einer langjährigen Verbindung beruhen. Das hat der Geschichte Authentizität und Wärme gegeben. Dennoch wirkte es auf mich stellenweise etwas unrealistisch, dass sie nie vorher gemerkt haben sollen, dass da mehr zwischen ihnen ist, obwohl es für alle anderen offensichtlich war.

Emotionale Tiefe & Entwicklung

Die Geschichte ist nicht einfach nur romantisch oder süß, sie hat auch emotionale Tiefe. Besonders bei Jude zeigt sich eine stille, aber spürbare Entwicklung. Man merkt, dass sich bei ihm innerlich etwas verändert: Er reflektiert, übernimmt Verantwortung und stellt sich seiner Vergangenheit. Es geht nicht nur um „wir lieben uns jetzt plötzlich“, sondern darum, was es bedeutet, jemanden wirklich zu sehen, und zu vertrauen. Diese innere Bewegung hat der Geschichte eine schöne Substanz gegeben, ruhig, nachvollziehbar und ohne künstliches Drama.

Spice-Faktor

Ja, es gibt Spice, gut geschrieben und nicht übertrieben, aber stellenweise empfand ich es als etwas zu viel oder deplatziert. An diesen Stellen hätte ich mir mehr emotionale Verbindung und Dialoge gewünscht, statt schneller körperlicher Nähe.

Kritikpunkte:

Trotz meiner Begeisterung gibt es kleinere Kritikpunkte: Die Geschichte ist stellenweise etwas sprunghaft erzählt. Manche Szenen wie die Hochzeit, wirken zu kurz oder abrupt beendet, diese hätten mehr Raum verdient. Ich hätte mir gewünscht, dass bestimmte emotionale oder erzählerische Momente etwas ausführlicher ausgearbeitet werden. Das Buch hat mit seinen knapp 295 Seiten leider nicht immer genug Raum, um alles voll auszuerzählen. Auch manche Spice-Szenen kamen mir etwas zu deplatziert vor, hier hätte ich mir lieber stärkere emotionale Dialoge gewünscht.

Fazit:

Ein gefühlvoller, unterhaltsamer Roman mit einer stimmungsvollen Kleinstadt-Atmosphäre, liebenswerten Figuren und einer berührenden Friends-to-Lovers-Geschichte. Trotz kleiner Schwächen in der Tiefe einiger Szenen und einem leicht überhasteten Erzähltempo konnte mich das Buch trotzdem emotional voll mitnehmen, das Ende hat mich sogar zu Tränen gerührt. Dank der starken Figuren, des angenehmen Stils gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.