Ein Herz zwischen Kaffeeduft und Herbstlaub

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Es gibt Bücher, die fühlen sich nicht einfach nur nach einer Geschichte an – sie werden zu einem Ort, zu einem Gefühl. The Pumpkin Spice Latte Desaster ist genau so ein Buch. Kyra Groh hat mit Lower Whilby einen kleinen Kosmos geschaffen, der nach nassem Herbstlaub riecht, nach Kaffee und frisch gebackenem Brot, und in dem man sich sofort ein bisschen zuhause fühlt, selbst wenn man wie Jude eigentlich nur auf der Durchreise ist.

Jude kehrt zurück – widerwillig, mit einem Koffer voll unausgesprochener Dinge und dem Plan, möglichst schnell wieder zu verschwinden. Doch das Leben denkt nicht in Fluchtplänen. Und so trifft sie auf James: wortkarg, reserviert, jemand, der das Herz auf Stand-by gestellt hat. Was zwischen den beiden entsteht, ist kein sprühendes Liebesfeuerwerk. Es ist ein langsames Aufwärmen. Ein langsames, echtes Sich-Finden inmitten von Erinnerungen, Selbstzweifeln und einer kleinen Stadt, die alles mitbekommt – besonders, wenn man es verbergen will.

Was dieses Buch so besonders macht, ist sein Spagat zwischen Leichtigkeit und Tiefe. Es gibt viele RomComs, aber nur wenige, die es schaffen, ihre Figuren so feinfühlig und nahbar zu zeichnen, ohne ins Kitschige zu kippen. Jude ist nicht nur laut und lustig – sie ist auch verletzlich, manchmal überfordert von sich selbst, und gerade das macht sie so menschlich. James hingegen wirkt wie ein stilles Gewässer, doch darunter brodelt mehr, als er sich selbst eingestehen will. Die Dialoge zwischen den beiden sind wie Tanz und Schlagabtausch zugleich – voller Witz, aber nie oberflächlich.

Grohs Sprache ist zugänglich, warm und oft mit einem liebevollen Augenzwinkern versehen. Und doch gelingt es ihr, schwierige Themen wie Selbstwert, Herkunft und persönliche Freiheit nicht nur anzureißen, sondern zu durchdringen. Gerade James’ Geschichte, sein Ringen mit der eigenen Identität, hat mich tief bewegt.

Lower Whilby selbst ist fast schon ein lebendiger Charakter. Es sind nicht nur die Straßennamen oder die schrulligen Nebenfiguren wie Marjorie im Hairsalon, die diese Kulisse lebendig machen – es ist das Gefühl, dass hier Geschichten wachsen können. Dass etwas Gutes passieren darf. Dass man vielleicht sogar bleiben möchte.

Natürlich gibt es Momente, in denen man die Richtung der Handlung vorhersehen kann. Und ja, der Einstieg braucht ein paar Seiten, um den Rhythmus zu finden. Aber das ist wie mit einem Lieblingskaffee: Man muss ihn nicht überraschen – man muss ihn fühlen. Und The Pumpkin Spice Latte Desaster fühlt man. Warm. Herzlich. Und ein bisschen bittersüß.