Bewegend und authentisch

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yakko Avatar

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Elin fühlt sich von ihrem Exfreund zutiefst gedemütigt und verletzt. Nach der Trennung zieht sie zurück ins Elternhaus. Um etwas Ablenkung zu bekommen, bucht sie einen Kochkurs, wo sie Jon kennenlernt. Nach einer gewissen Zeit scheint es, als habe er Interesse an ihr, doch Elin bringt zu viel Ballast mit, um sich darauf einlassen zu können.

Kira Mohn hat einen wunderschönen Schreibstil und schafft es, jede Situation so zu beschreiben, dass man sie sich tatsächlich bildlich vorstellen kann. Sie wählt in ihren Romanen ganz besondere Settings aus, so auch hier die isländische Idylle, die ganz hervorragend zur Geschichte passt.
"The Sky in Your Eyes" ist ein ganz besonderer Roman, der viel Tiefe und Gefühl mitbringt und damit gar keine so leichte Kost ist, wie man es vielleicht zunächst vermuten würde.

Die Protagonistin Elin hat aufgrund ihrer Figur schon seit Kindertagen viel Mobbing und Demütigung erfahren, den Höhepunkt erreicht dies allerdings durch die toxische Beziehung zu ihrem Exfreund Daniel. Sie ist traumatisiert durch ihre Erlebnisse und hat weder ein gesundes Selbstwertgefühl noch Selbstliebe gelernt. Im Laufe der Geschichte merkt man, wie tief dies verwurzelt ist.
Ich bin beeindruckt, wie großartig die Autorin die Gefühlswelt, die innere Zerrissenheit von Elin ausgearbeitet hat, gerade bezogen auf so ein sensibles Thema. Elins Gedanken kreisen sich immer wieder um ihren Körper, sie interpretiert jede Äußerung und Handlung anderer (über) und leidet still in sich hinein. Ich konnte den Schmerz förmlich spüren und hatte so manches Mal einen dicken Kloß im Hals. Alle ihre Gedanken und Gefühle waren so echt und intensiv. Die Aufarbeitung ihres Traumas geht ganz zaghaft vonstatten. So geht Elin auch mal zwei Schritte nach vorne und drei zurück und doch ist all das absolut stimmig. Auch die Chemie zwischen Elin und Jon fand ich sehr gelungen, die Entwicklung ihrer gemeinsamen Geschichte ebenso.

Dies ist ein Roman, der mich nachhaltig beschäftigt. Kira Mohn hat ein sehr sensibles Thema in ihrer Geschichte bearbeitet, in das sich die meisten Leser*innen sicher schnell hineinversetzen können. Bodyshaming ist ein Thema, das viele Facetten haben kann, im Grunde geht es immer mit einem mangelnden Selbstwertgefühl und fehlendem Selbstbewusstsein einher. Das zeigt die Autorin durch die komplexe Hauptfigur sehr deutlich. Ich kann mir vorstellen, dass jemand, der (zumindest überwiegend) mit sich selbst im Reinen ist, Schwierigkeiten hat, einen echten Zugang zu Elin zu bekommen, dem die vielen Zweifel und Gedanken zu viel werden. Doch ich empfand alles davon authentisch. Kira Mohn kritisiert in ihrem Roman auch den Begriff der "Selbstliebe", der für Menschen mit mangelndem Selbstwertgefühl sehr toxisch sein kann, da sie das Gefühl haben, es nicht zu können, obwohl sie sich doch selbst lieben möchten. Das ist für mich ein sehr interessanter Denkansatz.

Insgesamt finde ich Kira Mohns neustes Werk großartig, obwohl es für manche vermutlich eine zu schwere Kost sein könnte. Der Klappentext wird dem Inhalt des Buches meiner Meinung nach nicht gerecht, es ist kein simpler Liebesroman, sondern eine wirklich bewegende Geschichte mit viel Tiefe.