Eine Rückkehr in die vier Londons

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oberaffengeil Avatar

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Einige Jahre nachdem sie die Weltenwanderer Trilogie beendet hat, meldet sich V.E. Schwab mit "Threads of Power" mit einer neuen Reihe in der Welt der vier parallel existierenden Londons zurück. Der neue Roman setzt sieben Jahre nach den Geschehnissen von "Die Beschwörung des Lichts" ein.

Wir lernen zunächst neue Charaktere kennen, allen voran Tes im Roten London, die magische Gegenstände reparieren kann und die Magie ihrer Welt physisch sehen kann, und Kosika, die im Weißen London nach einem politischen Umbruch ihren Platz sucht. Danach wendet sich die Erzählung altbekannten Gesichtern zu, wie den Antari Lila und Kell, die auf See sind, wo Kell unter dem Verlust seiner Magie leidet. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit dem König Rhy und seinem Partner Alucard im Palast im Roten London, wo eine Revoltenbewegung nach seinem Leben trachtet.

Wie man an der Aufstellung der Figuren bemerkt, kann es durchaus von Vorteil sein, die erste Trilogie in der Welt gelesen zu haben. Auch wenn ich große Teile der Handlung bereits vergessen hatte (der neue Roman half mir dabei gut auf die Sprünge, ohne dass ich mich selbst um eine Auffrischung bemühen musste), kannte ich die Figuren bereits und sie bedeuteten mir bereits etwas zu Beginn der Handlung. Es fühlte sich wie ein Wiedersehen mit alten Freunden an. Ich kann mir vorstellen, dass mich die Welt und Anzahl der verschiedenen, ständig wechselnden Perspektiven sonst etwas überfordert hätten. Trotzdem ist es eine neue Geschichte, die hier beginnt, und kann sicher auch ohne "Vorkenntnisse" gelesen werden. 

Schwab ruht sich nicht auf der Charakterisierung aus, die sie in der Weltenwanderer Trilogie geleistet hat, sondern gibt ihren Figuren neue Rollen und Lebensinhalte. So muss Kell nach dem Verlust seiner Kräfte, die so eng mit seiner Identität und Rolle in seiner Welt verknüpft waren, neu lernen sich in der Welt zu behaupten beweisen und auch zu schützen, da er als Mitglied der Königsfamilie immer auch ein Ziel von Angriffen sein wird. Rhy und Alucard leben im Palast ihre Beziehung öffentlich, obwohl Rhy als König dringend einen Erben, und damit eine Königin, braucht. So lernen wir beide auch als Väter kennen. Einzig mit Lila haderte ich zuerst ein wenig, sie schien mir über weite Teile des Buches hinweg sehr einseitig, fast eine Karikatur einer starken Frau, die immer alles am liebsten im Alleingang macht, in "tough love"-Manier ihre liebsten verletzt unter dem Vorwand ihnen helfen zu wollen. Gegen Ende gibt es auch bei ihr eine Entwicklung, und ich hoffe sehr, dass sie im nächsten Roman der Reihe bestehen bleibt und dass es nicht wieder einen Rückschritt gibt.

Der Schreibstil passt fabelhaft zur magischen Welt. Schwab ist eine unglaublich talentierte und erfahrene Autorin. Sie baut die Welt immer weiter, lässt uns im Dunkeln bis wir Informationen brauchen und schafft es, dass die Magie sich wirklich lebendig anfühlt. Was sie beschreibt, wird vor meinen Augen sichtbar. Die Erwählweise ist reich an Details und ausführlichen Beschreibungen, eher arm an Dialogen (was es zu einer eher langsamen Lektüre macht). Selbst Kampfszenen, die ich persönlich normalerweise nicht so gerne lese, sind anschaulich, nicht zu lang und man kann ihnen gut folgen.

Von mir gibt es 4,5 Sterne, eine absolute Empfehlung für alle Fantasy-Liebhaber und die, die es noch werden wollen!