Das geschundene Kind

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justm. Avatar

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Als Kind überlebt sie einen Auto-Unfall. Man könnte also meinen Clara ist ein Glückskind. Doch dieser Unfall ist im Grunde nur der frühe und traurige Höhepunkt eines kurzen Lebens, das so eigentlich nur besser werden kann.
Dreißig Jahre später scheint es das dann auch tatsächlich zu sein: Clara ist mit einem Arzt verheiratet hat zwei Kinder, beruflich scheint alles gut zu laufen.
Doch dann überstürzen sich die Ereignisse und auch ihre Vergangenheit scheint plötzlich wieder Thema zu sein.

Auf 400 Seiten erzählt Autorin Ruth Lillegraven die Geschichte einer Frau, die zwar denkbar schwierig ins Leben gestartet ist, es aber mit harter Arbeit geschafft hat dieses besser zu machen.
Abwechselnd aus ihrer Sicht und der ihres Mannes, sowie einiger Nebenfiguren, erzählt, und in relativ kurze Kapitel aufgeteilt, entspinnt sich so eine Geschichte, die in der Vergangenheit beginnt, ins Hier und Jetzt springt, um ihre Auflösung letztendlich doch in der Vergangenheit zu finden.
Das führt dazu, daß man die Protagonistin auf der einen Seite für ihre Vergangenheit bemitleiden möchte, ihr auf der anderen Seite aber schon fast Respekt für die Stärke zollen möchte, die sie daraus zieht.
Daß sie die Geschehnisse aus ihrer Kindheit dennoch nicht unbeschadet überstanden hat, zeigt sich im Laufe des Buches, wenn durch Rückblenden und Erinnerungen eben diese Ereignisse ein wenig genauer beleuchtet werden und so nach und nach der Geschichte, die im Hier und Jetzt erzählt wird, auch einen Sinn geben.
Problematisch hingegen bleibt die Tatsache, daß weder Clara, noch ihr Mann (oder irgendeine andere der Nebenfiguren) Sympathien für sich wecken können, denn ausnahmslos jede*r scheint in irgendeiner Form moralisch verwerflich zu sein.

Wer auf der Suche nach einem Thriller ist, ist hier falsch.
Viel mehr ist es eine Geschichte mit Krimi-Elementen, die aber, auch begründet durch wenig überraschenden Wendungen, eher in den Hintergrund rücken, um einer psychologischen Komponente Raum zu geben.
So sind die fehlenden Sympathien für Haupt- und Nebenfiguren vielleicht auch eher verschmerzlich.

Trotz aller möglicher Kritik:
"tiefer fjord" läßt sich zügig lesen und hat - trotz angedachten Auftakts zu einer Trilogie - glücklicherweise ein rundes Ende.