Selbstjustiz

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
theresia626 Avatar

Von

Im Mittelpunkt von Ruth Lillegravens Debütroman „Tiefer Fjord“ stehen Clara und Haavard. Clara ist Juristin und arbeitet in einem Ministerium, Haavard ist Arzt in einer Kinderklinik in Oslo. Eines Tages wird ein kleiner Junge eingeliefert, der wenig später an den Folgen von Misshandlungen stirbt. Noch ehe die Polizei den Vater befragen kann, wird dieser im Gebetsraum des Krankenhauses mit einer Glock erschossen. Dann passieren kurz nacheinander zwei weitere Morde. Jedes Mal werden die Opfer mit derselben Waffe erschossen, und jedes Mal stehen sie im Zusammenhang mit Kindesmisshandlung, über die Haavard in der Klinik heimlich Daten gesammelt hat und die Clara durch einen von ihr erarbeiteten Gesetzesentwurf bekämpfen will. Trotz dieses gemeinsamen Anliegens funktioniert die Ehe nicht mehr. Die Partner sind einander entfremdet und haben Geheimnisse vor einander. Haavard betrügt seine Frau mit der Kollegin Sabiya, Clara hat ihrem Mann nie von den schrecklichen Ereignissen in ihrer Kindheit erzählt. Nach den Verbrechen wird Haavard für mehrere Tage verhaftet, so dass er für den dritten Mord ein Alibi hat. Da die ersten beiden Opfer einen Migrationshintergrund haben, ist die Polizei lange Zeit auf der falschen Fährte.

Erzählt wird in zahlreichen kurzen Kapiteln aus wechselnder Perspektive, vor allem der von Clara und Haavard, aber auch aus der Sicht der Kollegin Sabiya, des Pflegers Roger und von Leif, Claras Vater. Im Verlauf des Romans werden auch die wesentlichen Ereignisse aus der Vergangenheit erzählerisch nachgeholt, sodass wir nach der Hälfte des Romans wissen, wer diese Morde begangen hat und aus welchem Grund. Das macht die Geschichte für mich nicht weniger spannend. Mir gefällt die sorgfältige Charakterisierung der Figuren genauso wie die Auseinandersetzung der Autorin mit diesem wichtigen Thema. Ich habe den Roman gern gelesen und empfehle ihn ohne Einschränkung weiter.