Raubeinige, überzeugende Fantasy mit Siegeln, Charme und Melone!

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smartie11 Avatar

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„Ein Toast! Auf Tinten, Siegel und Rasiermesser, auf gute Chefs und Hexen auf Echsen, darauf, dass wir die Bösen austricksen, wenn es geht, und ihnen in den A*sch treten, wenn es nich´ geht, und auf alle Hersteller von edlen Bränden. Sláinte!“ (S. 374)

Meine Meinung:
Der US-amerikanische Schriftsteller Kevin Hearne, den viele mit Sicherheit von seiner Erfolgsserie „Die Chronik des Eisernen Druiden“ kennen dürften, hat nun mit „Tinte & Siegel“ den Startschuss für eine neue, coole Fantasy-Reihe gegeben.
Ausgangspunkt dieser Story ist der überraschende, tragische und Rosinensconebedingte Tod von Gordie, seines Zeichens einziger Schüler des Siegelagenten Aloysius „Al“ MacBharris. Als Al in Gordies Wohnung ankommt, ist die Polizei mit ihren Ermittlungen schon voll im Gange und Al muss alle Register seiner Siegelmagie ziehen, um die geheimen und sensiblen Dinge aus der Wohnung herauszuschaffen. Probleme bereitem ihm dabei allerdings nicht nur ein rabiater Hobgoblin und die hartnäckige und intelligente Ermittlerin DI Munro, sondern viel mehr die schockierende Entdeckung, dass der „gute Gordie“ in mysteriöse und extrem zwielichtige Machenschaften verstrickt gewesen zu sein scheint…

Ich liebe gute und moderne Fantasy, die altbekannte Mythen und Motive mit frischen und innovativen Ideen verknüpft. Angesiedelt in der „Welt des Eisernen Druiden“ (der hier selbstverständlich seinen Cameo bekommt!) präsentiert Kevin Hearne ein neuartiges, stimmiges und für mich sehr überzeugendes Magiesystem, das auf der kunstvollen Fertigung von magischen Siegeln beruht, dessen Wissen von fünf Siegelagenten bewahrt wird und die mit dieser Hilfe die Daseinsebene der Menschen vor diversen mystischen Welten abschirmt. Diese Grundidee hat mich von der ersten Seite an absolut überzeugt, doch die eigentliche Stärke dieses Fantasyromans sind für mich die wunderbaren und extrem ungewöhnlichen Protagonisten – allen voran natürlich das coole und schlagfertige Dreigestirn aus Al MacBharris, der pitfightenden Bilanzbuchhalterin Nadia und dem kodderschnäuzigen Hobgoblin namens Buck Foi (bloß nicht die Anfangsbuchstaben vertauschen!). So skurrile und coole Charakter in einer solch ungewöhnlichen Zusammenstellung findet man wirklich selten. Kein Wunder, dass die drei ein so absolut geniales, whiskeymotiviertes Team sind – das macht einfach irre Spaß zu lesen! Der eigentliche Fall, an dem die drei arbeiten, tritt bei diesen extrem präsenten Figuren dabei manchmal ein wenig in den Hintergrund, aber im Verlauf des Buches nimmt der Fall eine überraschend internationale und heimtückische Dimension an, die Kevin Hearne am Ende mit einem actiongeladenen Finale krönt.

Last but not least ziehe ich auch vor dem Schreibstil des Autors meinen Hut. Gespickt mit deftigen Schimpfwörtern und dreckigen Flüchen, wobei „wilde Wahnsinnskac*e“ (S. 212) noch zu den harmloseren gehört, geht es hier manchmal hart zur Sache – aber es passt rbrn auch ganz perfekt zu den raubeinigen Sagengestalten der irischen und britischen Mythologie. Auch die kleinen Hommagen an andere Größen der Fantasyliteratur, wie etwa J.R.R. Tolkien und Terry Pratchett (wie z.B. die Idee der Götter, die sich bei Erreichen der „kritischen Glaubensmasse“ manifestieren) finde ich einfach klasse. Garniert mit einem guten Schuss Selbstironie („Die Gänge der Anlage waren tatsächlich ‚aus dem nackten Fels gehauen‘, wie es ein Fantasy-Autor vielleicht beschrieben hätte.“ - S. 352) wird daraus ein ganz wunderbares Lesevergnügen!

FAZIT:
Frische und moderne Fantasy, nicht nur für Fans des „Eisernen Druiden“ oder auch der „Peter Grant“-Reihe!