Wie ein Cupcake mit Himbeersahne und Zuckerwatte und einer rosa Liebesperle obendrauf

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aennie Avatar

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…und davon kann man auch maximal eines essen und dann wird einem unweigerlich schlecht. Einfach zu süß. Das habe ich über weite Strecken des Buches „To all the boys I loved before“ gedacht. Ich war sehr auf dieses Buch gespannt, da ich in vielen Blogs oder bei Booktubern von grenzenloser Euphorie bis „solala“ eigentlich alles an Reaktionen gesehen und gelesen habe.
Aber der Reihe nach:
Lara Jean ist sechzehn Jahre alt, und lebt gemeinsam mit ihren beiden Schwestern Margot, 18 und Kitty, 9 Jahre alt, bei ihrem Vater. Ihre Mutter, eine Koreanerin, starb 6 Jahre zuvor bei einem Unfall im Haushalt. Die drei Mädchen haben einen starken Zusammenhalt untereinander, obwohl sie ebenso viele unterschiedliche wie gemeinsame Eigenschaften haben. Margot ist die Organisatorin des Haushalts, sie hat nach dem Tod der Mutter viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten übernommen. Sie geht zu Beginn der Handlung nach Schottland, um dort zu studieren. Lara Jean, Kitty und ihr Vater müssen sich nun alle ein wenig mehr strecken, um den von Margot perfekt organisierten Ablauf aufrechtzuerhalten. Vor ihrer Abreise hat sich Margot von ihrem Freund Josh, der im Nachbarhaus lebt getrennt, um mit weniger „Ballast“ ihr Studium aufzunehmen. Diese Trennung trifft auch die anderen Familienmitglieder hart, Josh gehörte quasi zur Familie. Vor allem Lara Jean ist verwirrt, wie konnte Margot sich nur von Josh trennen? Der so toll ist, dass sie selbst vor längerer Zeit in ihn verliebt war? Damals hat sie das getan, was sie immer tut, wenn aus einer „Verliebtheit“ oder Schwärmerei nichts wurde: sie schrieb ihm einen Abschiedsbrief, in dem sie all ihre Gefühle ausdrücken konnte. Dieser Brief wurde dann sicher verwahrt in einer Hutschachtel, in der sie all ihre Geheimnisse aufbewahrt. Niemals sollen diese Briefe ihre Adressaten erreichen – und dann geschieht genau dies (erster Zwischenruf: mal im Ernst. War irgendjemandem NICHT sofort klar, wie es dazu kam? Nicht ernsthaft, oder? Männer/Väter sind ja manchmal etwas seltsam, aber dass sie Hutschachteln ihrer Töchter an die Wohlfahrt verteilen, ohne sie zuvor zu öffnen? Und die nette Oma bei der Wohlfahrt bringt die Briefe alle pflichtschuldig zur Post – und das ist noch der wahrscheinlichste Part dieses angenommenen Ablaufs? Ich frage ja gar nicht, warum Lara Jean den Briefumschlag mit einer kompletten Anschrift versehen hat, aber bitte?????? naja).
Selbstverständlich ist dies das peinlichste was man sich vorstellen kann. Absolut nachvollziehbar, Horror par excellence. Die sich dann entwickelnde Geschichte ist eigentlich sehr sehr schön und ab dem Mittelteil hat mir das Buch auch sehr viel besser gefallen als zu Beginn: Peter, einer der Adressaten der unheilvollen Briefe wird zu Lara Jeans Fake-Freund. Um seine Ex Genevieve eifersüchtig zu machen, um Josh, der auch einen Brief erhalten hat, zu zeigen, dass da „gar nichts ist“. Und dann wird aus Beziehung spielen auf einmal peu à peu ein bißchen mehr, und die Grenzen zwischen „als ob oder vielleicht ja doch“ fangen an zu verschwimmen. Ein Happy-End gibt es jedoch nicht. Oder nicht wirklich, das Ende ist offen, es gibt einen zweiten Teil der Geschichte.
Soweit so gut. Ich habe schon erwähnt, der Beginn des Buches hat mir nicht gefallen. Irgendwie zu zäh und langatmig. Den Mittelteil fand ich sehr gut, das Ende mindestens in Ordnung, würde für mich auch als Einteiler mit offenem Ende funktionieren. Aber: das Buch, die Geschichte und LARA JEAN haben für mich ein unfassbar hohes Nerverpotential. Josh ist prima, Peter ist prima, Kitty ist super. Margot ist naja, aber die ist ja fast das ganze Buch über weg, als sie am Ende wieder zu Hause war hat sie mich auch genervt.
Lara Jean ist so naiv, so süß, so unschuldig (da hat Josh sehr recht), so langweilig (da hat Peter sehr recht), er bezeichnet es nicht als langweilig, mir fällt kein besseres Wort ein, häuslich trifft es ja nicht ganz, obwohl das sein Bezugspunkt ist. Man möchte sie manchmal gerne schütteln. Und diese ewige Backerei! Per se ist das ja etwas sehr schönes, aber bei einer 16-jährigen? Gestört haben mich dann oft auch banale Kleinigkeiten, ich nenne es mal real-life-facts: ich habe einen gut sortierten Haushalt mit vernünftiger Vorratshaltung, behaupte ich einfach mal. Wenn ich mal was backen möchte, muss ich vorher einkaufen. Immer. Irgendwas. Und schon gerade wenn ich solche aufwändigen Exotenbackwerke fabrizieren würde wie Lara Jean es tagtäglich einfach so tut. Lara Jean hasst es Auto zu fahren und zum Einkaufen zu fahren. Zum Essen ist fast nie etwas Vernünftiges im Haus. Erklärung bitte.
So etwas ärgert mich einfach, das ist nicht gut durchdacht. Für ihr Verhalten kann man ihr ja nun eigentlich gar keinen Vorwurf machen. Sie ist sechzehn, und eben tatsächlich eine von den lieben, behüteten. Aber trotzdem schon seit sie 12 ist, ständig verknallt. Egal, nehme ich einfach so hin. Das mit den Briefchen? Hmm. What’s App? Auch egal. Und wer nicht immer als Manga-Girl angesehen werden möchte, könnte ja evt. auch auf kurze Röcke, Kniestrümpfe, Zöpfe oder Overknees verzichten. Die Schilderung der, wie es sich anhört, manchmal recht freizügigen Kleidung steht in komplettem Gegensatz zu dem sonstigen Sara-Kay-Bild das ich von ihr habe!
Kitty ist in jedem Fall die jüngste, lustigste bodenständigste und pragmatischste der Schwestern, die steckt sie alle in den Sack. Die Jungs auch. Uneingeschränkter Beifall.
Fazit: Ich bin nicht sechzehn, und das schon sehr sehr lange nicht mehr. Ich liebe Jugendbücher, Young-Adult Romane und meist funktioniert dieses Genre für mich richtig gut. Hier nicht, hier wollte ich mehrfach während des Lesens Roger Murtaugh aus Lethal Weapon zitieren. Wer das jetzt verstanden hat, weiß was ich meine, und für den ist das Buch vielleicht auch nichts mehr. Wer nicht: nur zu. Hier trifft vielleicht wirklich zu, dass es ein Buch für eine bestimmte Zielgruppe ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es für junge Mädels sehr gut funktioniert – daher auch 4 Sterne.