Gut zu lesende dystopische Romantasy mit angenehmen Charakteren
Ich habe schon lange keine Dystopie mehr gelesen und diese hier richtig genossen. Cover und Titel versprechen eine düstere und spannende Dystopie und die Leseprobe hat mich bereits begeistert. Wir landen direkt in der Geschichte, die aus Ravens Sicht sehr fesselnd und bildhaft erzählt wird. Ich kann mir das Buch jetzt schon als Film vorstellen. Die erschaffene Welt ist komplex und ich liebe die Parallelen zu den Tributen von Panem mit den rigiden Regeln, den sadistischen und voyeuristischen Ritualen und dem allgegenwärtigen Kampf ums Überleben. Die Charaktere sind vielschichtig und müssen für sich selbst und ihr Leben moralisch schwierige Entscheidungen treffen, die nicht von allen anderen akzeptiert werden. Die Atmosphäre im Gefängnis und Jagdgebiet "Endlock" ist angespannt und düster, der Tod stets präsent. Die Jagden hätten meiner Meinung nach noch ein bisschen spannender gestaltet werden können. Uns begegnen in der Geschichte Tropes wie "Forbidden Love" und "Found Family". Besonders gut hat mir der auf natürliche und angenehme Weise fesselnde Schreibstil gefallen, der die Story trotz des düsteren Settings nie zu schwer verdaulich werden ließ. Außerdem habe ich die Charaktere ins Herz geschlossen. Raven ist auf erfrischende Weise auch mal unsicher und selbstsüchtig und im Gegensatz zu vielen anderen Romantasy-Heldinnen prescht sie nicht immer impulsiv vor, sondern reißt sich auch an einigen Stellen zusammen, um schlimmere Konsequenzen zu vermeiden. Damit zeigt sie erwachseneres und auch authentischeres Verhalten. Zudem gilt sie als Kopfgeldjägerin zwar als kampferprobt, ist dabei aber nicht immer so geschickt und vorausschauend und muss auch einiges einstecken. Das Worldbuilding hat mir gefallen, jedoch fand ich nicht ganz nachvollziehbar, weshalb die Menschen eine solche Freude am freizeitmäßigen Töten der Gefängnisinsassen entwickelt haben. Die Welt von Kriminellen befreien zu wollen ist eine Sache – diese aktiv und freudig selbst zu töten eine andere. Hier wären mehr und genauere Informationen zur "Gehirnwäsche" des Systems hilfreich gewesen. Die Spice-Szenen erschienen mir teilweise etwas konstruiert (noch schnell irgendwie in die Handlung eingebaut), aber sie haben niemals den Plot dominiert und ich mochte Raven und Vale sehr zusammen. Mein Fazit: Ich kann diese angenehm und kurzweilig geschriebene Romantasy allen Fans von Dystopien empfehlen. Den zweiten Band werde ich auf jeden Fall lesen, auch wenn leider noch kein Erscheinungsdatum feststeht.