Die Perle des Orients

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evaristo Avatar

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Defne Suman: Tochter einer leuchtenden Stadt
In diesem historischen Roman erzählt die türkische Autorin die Geschichten mehrerer Familien in Smyrna (heute Izmir) von der Jahrhundertwende bis ca. in die 80ger Jahre des 20. Jahrhunderts. Wobei der Schwerpunkt auf den Ereignisse in den 20ger Jahren liegt, als jeweils Griechen und Türken versuchten die Stadt unter ihre Kontrolle zu bekommen, was letztendlich zum Untergang der ganzen Stadt durch einen verheerenden Brand und (nicht nur) ein schreckliches Massaker mit zehntausenden Toten führt.
Die Erzählperspektiven sind vielfältig, wir folgen sowohl einer griechischen als auch einer türkischen und einer europäischen Familie, außerdem spielt auch eine armenische Hebamme noch eine wichtige Rolle, so dass wir immer mitten im Geschehen sind und alle Positionen nachvollziehen, wenn auch nicht unbedingt verstehen können, aber es wird eben sehr deutlich, dass es nicht den einen Schuldigen gab, sondern die Menschen aller Nationalitäten Spielbälle in der Hand der Mächtigen sind. Das Buch ist spannend und liest sich flüssig, der Plot ist sehr geschickt aufgebaut, da erst zum Schluss alle Fäden zusammenlaufen (auch wenn der Leser natürlich schon früh Vieles weiß)
Besonders erschreckend war für mich wiedereinmal die Rolle der Europäer, die mit ihren Kriegsschiffen in der Bucht liegen, ihre Leute retten und sich ansonsten mit einer Beobachterrolle zufriedengeben. (Man hat sofort das Massaker von Srebrenica vor Augen).
Insgesamt ein gelungener historischer Roman, der viele (auch schöne) Geschichten erzählt und Smyrna die "Perle des Orients" wiederauferstehen lässt.