Weniger Krimi als Frauenbuch

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singstar72 Avatar

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Dieses Buch hat mir durchweg gut gefallen! Wenngleich auch aus anderen Gründen, als die Autorin beabsichtigt haben mag.

Beworben wird die Titelheldin, Anne-Maj Mortensen, als die "dänische Miss Marple". Das finde ich nicht ganz treffend. Sicher, es geht hier um verdächtige Todesfälle, und Anne-Maj beginnt, nachzuforschen. Doch das Hauptaugenmerk liegt in diesem Buch - zumindest für mich - gar nicht so sehr im Krimi, sondern eher in der Charakterzeichnung, und dem feinen Humor.

Die Autorin wird beschrieben als eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen Dänemarks, und das glaube ich sofort. Hier war erkennbar ein Profi am Werk. Sehr flüssige Schreibweise, liebenswerte Charaktere, Schrullen und Marotten überall. Eine gut gezeichnete Kulisse, und Dialoge, die einen sehr schmunzeln lassen. Aber als Krimi...?

Das Buch ist nun nicht unspannend. Aber, und das sagt auch die offizielle Polizei in diesem Buch, Anne-Maj ist nun wirklich als Ermittlerin denkbar ungeeignet. (Ihre Telefonate mit dem zunehmend genervten, jungen Beamten gehören für mich zu den lustigsten Stellen des Buches!) Im Gegensatz zu Miss Marple fehlt ihr so einiges an Lebensklugheit. Anne-Maj ist zwar auch schon in Rente, aber sie lässt sich leicht von ihren Emotionen leiten. Und von ihren Hobbys - und die ranken sich nun mal um Bücher, und um das Kochen!

Ich habe das Buch vielmehr als "Frauenroman" gelesen. Dazu trägt vor allem das Setting und die Lebensumstände von Anne-Maj bei. Schon die einleitenden Passagen handeln vom Kochen; und tun es auch weiterhin oft im Verlaufe des Buches. So geht es zum Beispiel häufig um Essenseinladungen, und die vermutlich essgestörte Enkelin von Anne-Maj.

Zweitens ist da dieser Trupp von verrückten Senioren, welche den Trödelladen betreiben, in dem auch Anne-Maj arbeitet. Diese Szenen könnte ich immer wieder lesen, es ist einfach zu herzig, wie sich die älteren Damen gegenseitig in die Parade fahren, und um Hierarchien rangeln!

Drittens besteht wiederum ein guter Teil der Handlung aus dem Verhältnis von Anne-Maj zu ihrem Hund, dem Dackel Mortensen. Tierliebhaber werden hier voll auf ihre Kosten kommen! Mortensen ist für mich zu einer vollwertigen Figur des Buches geworden. Und am Ende hat er auch noch eine sehr wichtige Rolle...!

Der Krimi an sich ist gute, solide Kost. Ich hatte allerdings den wahren Täter schon ab der Mitte des Buches halbwegs erraten, dazu gehörte nun wirklich nicht viel. Allerdings spricht es dann wieder für das Buch, dass dies mir nicht den Lesegenuss geschmälert hat.

Insgesamt würde ich das Buch durchaus weiterempfehlen - nur eben nicht an hartgesottene Krimi-Fans. An Dänemark-Liebhaber und an Freunde der humorvollen Unterhaltung jedoch schon.