Bavaria im Schärengarten

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bavaria123 Avatar

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Meine Meinung
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Eine neue Krimireihe liegt hier vor, die in dem schönen Schweden spielt. Das klingt doch interessant. Ich bin ja bekennender Wallanderfan und da kommt so schnell kein anderer Ermittler heran.
Aber auch dieser Kommissar, der gutaussehende und sympathisch wirkende Thomas Andreasson, hat sein persönliches Drama. Allerdings geht die Autorin nur recht wenig darauf ein. Möglicherweise wird in einem Folgebuch dann noch einmal ein wenig mehr dazu Stellung genommen warum er wirklich als einsamer Wolf durch die Gegend streift.
Die anderen wichtigen Personen haben eher oberflächliche Charaktere. Nora, die Jugendfreundin von Thomas ist trotz ihrer zweifachen Mutterrolle als Vollzeit-Juristin bei einer Bank beschäftigt. Sie leidet indes unter Diabetes und der Zusammenarbeit mit einem unfähigem Vorgesetzten und ist deshalb glückselig, als ihr eine gut bezahlte Stelle in Malmö angeboten wird. Leider ist Nora mit einem sehr egozentrischen Arzt aus "distinguierten" Kreisen verheiratet, der meint, dass seine Wünsche und Belange immer oberste Priorität genießen müssten. Die Vorstellung dieser Ehe ist hoffentlich keine autobiographische Schilderung, denn auch die Autorin ist Juristin.
Die Beschreibung von Noras Kinder entspricht nicht unbedingt auch deren angeblichen Alter. Gut, ich habe zwei Töchter und vielleicht hinken Jungen der Entwicklung arg hinterher :-).
Der angesprochene Henrik ist ein ziemliches Ekel, das vor allem an sich und seine Segelsehnsucht und eigene Verwirklichung denkt. Mit den beiden Kindern hat er kaum etwas zu tun. Thomas, Nora und Henrik stehen an der oberen Spitze der Gesellschaft.
Anders als die Opfer. Die solariumgebräunte Raucherin Kicki, eine desillusionierte Fünfzigerin, die eher dem unteren sozialen Spektrum zuzuordnen ist, ist offen frustriert. Sie ist alleinstehend, lässt sich seit Jahren in ihrem Job als Croupier ausbeuten und hat wenig Bezugspersonen: eine der ihr nahestehendsten war bisher ihr Cousin Krister, eine ebenso gestrandete, vom Leben vernachlässigte Persönlichkeit wie sie selbst. Das hat so ein wenig den Touch von schwarz und weiß. Die Guten und die Bösen. Das ist ein wenig aufgetragen.
Die Polizei tappt bei der Ermittlung lange Zeit im Dunkeln. Als Leser weiß man nicht so sehr viel mehr, man ist immer nur einen Schritt voraus. Man kann auch nicht so direkt ermitteln, weil manche wichtigen Punkte erst nach und nach bekannt werden. Die letzten fünfzig Seiten werden dann wirklich spannend und dann mag man das Buch nicht aus der Hand legen.
Die Autorin ist sehr angetan von der Landschaft der Schärengarten vor Stockholm. Das kann ich verstehen, denn es ist ein wirklich ein schönes Stück Erde. Aber ich finde, sie verliert sich ein wenig in den Beschreibungen. Das ist ein Sahnehäubchen zuviel wie Viveca Stein die Landschaft, Wege, Häuser und das Strandgeschehen beschreibt. Sie kennt sicher alles besser als ihre eigene Handtasche, aber so eine Beschreibung möchte ich dann eher in einem Reiseführer finden als in einem Krimi. Sie übt dann auch offene Kritik. Die Touristen sind Störenfriede und überlaufen das Schärenparadies. Ganze Fährladungen davon werden auf den Schären abgekippt. Das liest sich sehr abwertend. Es ist sicher für die Bevölkerung nicht immer positiv, wenn Touristen in die Gebiete einfallen, aber es ist doch auch eine nicht zu verleugnende Einkommensquelle,die immer willkommen ist. Und gerade im Schärengebiet ist man auf den florierenden Tourismus angewiesen.
Ein weiteres Manko sind die Schreib- oder Grammatikfehler im Buch. Ich habe mich nicht explizit auf die Suche gemacht, aber vier sind mir so nebenbei beim Lesen aufgefallen. Das empfinde ich dann doch als etwas zu viel.
Als Resümee finde ich das Buch nachvollziehbar und glaubwürdig geschrieben aber leider in manchen Bereichen etwas zu langatmig und zu sehr zwischen Gutem und Bösem polarisierend. Positiv sind die kurzen Kapitel, die auch tageweise gegliedert sind. Zudem frage ich mich aber, warum die doch so gewissenhafte Nora auf einmal mit der Spritzung von Insulin und anschliessender Nahrungsaufnahme so schlampig verfährt. Ein Krimi des Monats liest sich für mich dann doch anders zumal einige Nebenhandlungsstränge am Ende dann nicht aufgeklärt werden.
Die realistische Ermittlungsarbeit und der sympathische Kommissar machen einiges wieder gut und so bekommt das Buch von mir drei Sterne. Wenn mein Stapel der Bücher, die ich noch lesen will mal ein wenig abnehmen sollte, dann werde ich möglicherweise der Autorin noch eine weitere Chance geben, denn die zwei Folgebände sind ja schon auf dem Markt.