Eher zum Lesen als zum Kochen

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chrystally Avatar

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Sternekoch Tohru Nakamura präsentiert in diesem Buch 60 Rezepte für deutsch-japanisches Fusion Food, dessen Ursprung in seinen familiären Wurzeln in beiden Ländern liegt. Das Buch ist gut verarbeitet. Leider färben die holzschnittartigen Grafiken manchmal leicht auf die weiße Seite gegenüber ab.
Zum Inhalt: Zu Beginn gibt es Informationen über Orte in Deutschland, an denen man japanischer Kultur begegnen kann, und Nakamura erzählt seinen Werdegang – das hätte es für mich in einem Kochbuch nicht gebraucht, kann aber auch als nette Einstimmung gesehen werden.
Die dann anschließenden Rezepte sind nach 10 Hauptzutaten gegliedert, zu jeder gibt es eine kurze hilfreiche Warenkunde. Alle Fotos sind mit der typisch japanischen Ästhetik, Klarheit und Liebe zum Detail gestaltet. Die Rezepte haben eine gute Zutatenübersicht und Schritt-für-Schritt-Anleitungen und sind so (zumindest theoretisch) leicht zu befolgen. Die vielen japanische Bezeichnung der Zutaten ist selbst für Menschen, die des Japanischen grundsätzlich mächtig sind, schwer zu behalten, sodass man – zumindest, wenn man das ganze Buch auf einmal durchgeht – so oft aufs Glossar zurückgreifen muss, dass das Blättern den Lesefluss stört.
Die Gerichte machen definitiv Appetit. Es finden sich japanische Gerichte mit deutschen Zutaten (wie Oyakogon mit Schnittlauch) genauso wie westliche Klassiker mit japanischen Extras (wie Carbonara mit Algen). Für die praktische Umsetzung sehe ich einige Herausforderungen: Zunächst sind viele Zutaten doch eher extravagant: Wachtel, sehr spezielle Käse, Krakenarme, Rogen… Von den japanischen Zutaten sind manche in Deutschland schwer bis gar nicht zu bekommen (Wir kochen gerne und schon lange japanische Gerichte, aber einschlägige Geschäfte, in denen wir probeweise nach einigen Zutaten gefragt haben, konnten uns nicht helfen). Dann erfordern einige der Rezepte einen deutlichen zeitlichen Aufwand z.B. zum Marinieren oder zum Ruhen von Teig, wodurch die Rezepte eher nicht alltagstauglich sind. Und schließlich setzt Nakamura bestimmte Küchentechniken voraus (z.B. Zubereiten eines Brandteigs), die vermutlich viele Lesenden vor dem Kochen zu einem kleinen Exkurs zwingen.
Insgesamt dachte ich beim Lesen meistens, dass ich das Gericht sehr gerne mal essen würde, aber es wohl nie kochen werde. Wer jedoch Rezepte für Fortgeschrittene und Profis sucht und für den beim Kochen Zeit und Geld keine Rolle spielen, der wird hier sicher ebenso fündig wie jemand, der Freude an ästhetischen Kochbüchern und/oder japanischer Kultur hat.
Disclaimer: Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Dies beeinflusst meine Rezension nicht.