Ein Haus als Chamäleon

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meldsebjon Avatar

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Die Idee, ein real existierendes Haus mit einer wechselvollen Geschichte zum Mittelpunkt eines Romans zu machen ist interessant, ausgefallen und gut. Besonders da dieses Haus in Berlin steht und in den beschriebenen 80 Jahren mit seinen wechselnden Bewohnern einen groben Überblick über die deutsche Geschichte dieser Zeit zu bieten hat. Es ist gar nicht so abwegig zu vermuten, dass dieses Gebäude auch für manche Menschen ein Mittelpunkt war, die ihrerseits auch eine Geschichte erlebt haben.

Angefangen mit der jüdischen Kaufmannsfamilie, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts ein Kreditkaufhaus gründete, den Nazis, die sich dann darin breitmachten, der SED nach dem Mauerbau und dann, nach dem Fall der Mauer, ein exclusiver Club, sind die verschiedenen Epochen hier gut vertreten. Die Personen, für die das Gebäude Bedeutung hat, haben auch ganz verschiedene Leben gelebt. Im Osten und im Westen. Jede hat aus dem Krieg Lehren gezogen, möchte dazu beitragen, es besser zu machen und schlägt voller guter Vorsätze doch ganz unterschiedliche Wege ein. Gemeinsam bleibt ihnen, dass die Vergangenheit und damit auch das Haus, sie nicht wirklich loslässt. Manche Dinge konnten nicht zu einem Ende gebracht werden, die Sehnsucht ist geblieben.

Das ist gut geschrieben und lässt sich recht leicht lesen. Die Thematik ist interessant, die Personen sehr typisch für die jeweiligen Gruppen, die sie darstellen sollen. Gestört haben mich die plötzlichen Zeitsprünge, die nicht vorherzusehen waren. Auf einmal sind 10 oder mehr Jahre vergangen, wer eben noch ein Säugling war ist auf einmal das älteste von drei Kindern. Das stört des Lesefluss, weil man sich oft wieder neu orientieren muss. Warum wird nicht einfach kurz das Jahr angegeben? Dann finde ich die Zeit zu Beginn bis zum Endes des Krieges sehr gut und ausführlich beschrieben und auch wieder die Zeit kurz vor dem Fall der Mauer. Die Zeit dazwischen ist ein bisschen leer geblieben. Kann es denn sein, dass sich da so wenig ereignet hat? Das finde ich schade, weil ein an sich gutes Buch deshalb in meinen Augen ein wenig verloren hat.