Zeitgeschichte ohne Kitsch

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Harry und Vicky, Bernhard und Elsa - vier Menschen, zwei große Lieben und die deutsche Geschichte.

Elsa kommt im Kaufhaus Jonass zur Welt - einer funkelnden Welt im pulsierenden Berlin. Ein Zimmermann steht Vicky bei der Geburt bei - Wilhelm, der selbst in ebendiesen Minuten in einem anderen Haus in Berlin Vater wird. Das Schicksal der beiden Kinder - Elsa und Bernhard - ist von diesem Zeitpunkt verwoben, zuerst wie Bruder und Schwester, später wie zwei Liebende, die aber nicht zu einander gelangen. Sie haben lediglich ein paar gestohlene Stunden. Die Zeit, das getrennte Deutschland verhindern eine gemeinsame Zukunft und beide leben ihr Leben weiter. Lieben, lachen, leiden und können die Gedanken an den anderen dennoch nicht immer verdrängen. In besonders schweren Momenten pilgern sie zu ihrem Haus - dem Jonass, in dem ihre Geschichte begann und das immer wieder von den herrschenden Kräfte besetzt und dem eigentlichen Zwecke beraubt wird. Das Zeitgeschehen, die vielfältigen Probleme in Ost und West werden gekonnt mit der Geschichte verwoben. Dabei ist weder der eine gut noch böse - beide leben in ihrer Zeit, in ihrem Leben.

Bedrückender ist allerdings die Geschichte von Harry und Vicky. Beide lieben sich im Berlin vor dem 2. Weltkrieg - doch ihre Liebe darf nicht sein. Er, der Sohn eines reichen jüdischen Kaufhausbesitzers, sie, eine schöne, aber mittellose Verkäuferin. Vicky wird schwanger und Harry kann sich nicht zu ihrer gemeinsamen Tochter bekennen. Beide treffen sich heimlich, tanzen vor dem Grammophon zu "Ausgerechnet Bananen" und beinahe scheint es, als hätte ihre Liebe doch eine Chance. Doch die Zeit will es anders. Nach der Machtergreifung Hitlers wendet sich das Blatt. Nun ist es an Vicky, Harry durch eine Ehe zu retten - doch sie hat Angst um ihr Kind. Sie heiratet den alten, deutschen Geschäftsführer Helbig und zieht zu allem Überfluss in das Haus von Harrys Familie, die Deutschland nun verlässt und in die USA flieht. Vicky hat fest vor, Harrys Familie das Haus zurückzugeben, aber dazu soll es nie kommen. Harry und Vicky sehen sich niemals wieder. Ein Lied bleibt beiden als Erinnerung "Auf Wiederseh'n mein Fräulein, auf Wiederseh'n mein Herr. Es war uns ein Vergnügen, wir danken Ihnen sehr."

Eine tragische Geschichte, die sich sicher in ähnlicher Art vielfach abgespielt hat und den Leser tief berührt. Dennoch ohne Kitsch erzählt. Ein tolles und ergreifendes Buch.