Schottischer Hochnebel - spannend gelichtet

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„Und was wissen Sie über die Region, in die Sie jetzt fahren?«, fragte Catriona Blakely. »Nur, was Paul McCartney der Welt darüber erzählt hat«, sagte Freddy und sang aus vollem Hals: »Mull of Kintyre". Pippa Bolle und ihr Bruder Freddy sind zu einer echt schottischen Hochzeit geladen. Am Mull of Kintyre besitzt der Bräutigam eine alteingesessene Whiskybrennerei. Ein feuchtfröhliches Fest steht bevor, mit traditionellen Bräuchen und vor allem kulinarischen Genüssen. Aber schon auf der Fähre, die die Geschwister aus Berlin auf die schottische Halbinsel bringt, kommt es zum ersten Zwischenfall. Maisie, die Frau des örtlichen Polizisten, geht über Bord. Aber war es wirklich ein tragischer Unfall?

Im vorliegenden fünften Fall von Pippa Bolle dreht sich alles um das flüssige Gold, den Exportschlager der trinkfreudigen Schotten. Man erfährt viel über Whisky. Über die Herstellung, die Verkostung, seine lebensverlängernden medizinischen Eigenschaften und den Genuss an sich. Auerbach und Keller Krimis lesen sich immer auch wie hochwertige Reiseführer, die Lust darauf machen, die Orte des Geschehens selber zu besuchen. Nicht selten ertappe ich mich beim Lesen bei dem Wunsch, Pippa Bolle einmal bei Ihren Abenteuern begleiten zu dürfen.

Dem reinen Genuss stellen die beiden Autorinnen jedoch auch die Schattenseiten gegenüber, die Schmuggel und Fälscherei heißen. Wo viel Geld verdient werden kann, liegt die Versuchung nahe, noch mehr herauszuholen und zwar nicht immer auf legalem Weg. Und so bittet das Brautpaar seine Gäste, neben Pippa und ihrem Bruder auch die Kommissarin Rebecca West und den Profiler Pete Wesley, um Schützenhilfe, denn irgendjemand in der Brennerei will den jungen Besitzern das Leben nicht nur schwer sondern unmöglich machen.

Mit Rebecca, Pete und dem Brautpaar Duncan und Anita begegnet man übrigens alten Bekannten aus dem zweiten Fall "Dinner for one/Murder for two" wieder. Die beiden jungen Leute nahmen seinerzeit an einem Theaterworkshop in den Cotswolds teil, den Pippa Bolle betreute. Damals wurde der Regisseur ermordet und Rebecca und Pete klärten den Mord gemeinsam mit Pippa auf. Auch in “Tote trinken keinen Whisky” bleiben die beiden Autorinnen dem damaligen Erfolgsrezept treu. Eine spannende Rahmenhandlung mit einer Fülle interessanter Figuren. Raffinierte, aber nahezu unblutige, Morde und viel Raum zum spekulieren. Zwischenmenschliche Psychologie ist Trumpf und der siebte Sinn gefragt.

Es ist pures Lesevergnügen in die seelischen Untiefen der (nicht nur) schottischen Protagonisten einzutauchen und den “Nebel der über die See anrollt” zu lichten. Ganz so wie es Paul McCartney der Welt schon in den 1970er Jahren vorgesungen hat.