Netter Erstling

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rebekka Avatar

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Regionalkrimis haben derzeit Konjunktur. Egal ob Alpen oder Nordsee, Bretagne, Sizilien, Yorkshire oder Neuengland - Hauptsache, die Verbrechen sind landsmannschaftlich geprägt. Jetzt also Lappland und die Samen. Klara Nordin hat mit "Totenleuchten" einen beachtlichen Erstling vorgelegt, das muss man ihr lassen. Ein junger gelähmter Einheimischer verschwindet mit seinem Motorschlitten in einem Eisloch im See und die Frage ist: War das wirklich ein Unfall? Zwei Monate später wird sein Freund mit einem Rentiermesser erstochen. Diesmal ist klar, dass er ermordet wurde. Nur: Wer bringt in dem kleinen Städtchen Kokkmokk junge Männer um, und vor allem: Warum? Die beiden ortsansässigen Polizisten Margareta und Bengt machen sich auf die Tätersuche, die sich gar nicht so einfach gestaltet. Die Leitung der Untersuchung übernimmt Hauptkommissarin Lundi, die gerade eben erst an den Polarkreis versetzt wurde und sich mit den Gegebenheiten in Lappland überhaupt nicht auskennt.

Klara Nordin, die 2001 nach Schweden ausgewandert ist und selbst in Jokkmokk wohnt, hat einen atmorsphärisch dichten, wenn auch nicht übermässig spannenden Krimi geschrieben. Geschickt verwebt sie Informationen über das Volk der Samen in ihre Story, läßt Landschaft und Witterungsverhältnisse vor dem inneren Auge des Lesers entstehen und hält ihn mit immer neuen Wendungen bei der Stange. Die Sprache ist einfach, aber dennoch anschaulich und vermittelt ein gutes Bild vom Geschehen und der Welt am Polarkreis. Schade nur, dass der Hintergrund des Verbrechens so gar nichts mit der Region und den Eigenarten der Einheimischen zu tun hat. Es hätte überall passieren können, in einer schwedischen Großstadt ebenso wie in einem Dorf im Allgäu.

Noch schwerer wiegt nach meiner Ansicht allerdings der Kniff, mit dem sich kurz vor Schluss die ganze Geschichte dreht. Ging es bis dahin nur um die Ermittlungen der Polizei, gewährt Klara Nordin dem Leser mit einem Mal und völlig überraschend Einblicke in die Gedankenwelt des Täters/der Täterin (ich nenne beides, um nicht zu spoilern). Danach strebt die Geschichte Holterdipolter dem Ende zu, die Polizisten, die bis dahin im Dunklen tappten, haben einen Gedankenblitz und das wars dann auch. Dieses abrupte Ende reißt selbst der überraschende Epilog nicht mehr raus.

Trotzdem: Für einen Erstling sehr nett. Es lohnt sich sicher, den Nachfolger zu lesen.