Familiäre Bande
Erneut beweist die amerikanische Schriftstellerin Adrienne Brodeur in ihrem Roman >>Treibgut<< ihre aussergewöhnliche Fähigkeit, dem Leser verwobene Familiengeschichten mit erzählerischer Bravour nahezubringen.
Unter dem Titel >>Litte Monsters<< erschien der Roman 2023, für Rowohlt liegt er nun in deutscher Übersetzung von Karen Witthuhn vor, überdies mit einem exzellent gestalteten Schutzumschlag und einem (seltener werdenden) Lesebändchen.
Die Handlung umfasst einen Rahmen von April bis Oktober 2016, zu einer Zeit, als sich deren Protagonisten noch zuversichtlich zeigten, dass Hillary Clinton als Nachfolgerin von Barak Obama als amerikanische Präsidentin ins Weisse Haus einziehen wird.
Nur Adam Gardener, der Vater der Geschwister Ken und Abby Gardener, trauert da noch Bernie Sanders hinterher, doch der ambitionierte Meeresbiologe, ebenso exzentrisch wie egoistisch, verliert ohnehin zunehmend den Boden unter den Füssen (nahezu sprichwörtlich auf seinem Boot), da er an einer bipolaren Störung leidet und im Ergebnis eines eingangs köstlich beschriebenen Arztbesuches eigenmächtig die Medikamentierung durch Lithium und Seroquel absetzt, um noch einmal kurz vor seinem 70. Geburtstag für vermeintlich bahnbrechende Entdeckungen des Verhaltens von Buckelwalen gefeiert werden zu können.
Seine Kinder Ken und Abby können unterschiedlicher kaum sein.
Ken wuchs 38 Jahre ohne seine Mutter Emily auf, sie starb bei der Geburt seiner Schwester, da war er erst dreieinhalb, diesen Verlaust hat er nie verwunden.
Doch aus seiner Sicht hat er es nun >>geschafft<< : Status und Geld verleihen ihm Macht, die ihn nach der Heirat mit Jenny, die aus einer reichen Dynastie stammt, nur noch unabhängiger von ihrer Familie erscheinen lässt.
Dennoch fühlt er sich zurückgesetzt und nicht anerkannt, woran auch die teueren Sitzungen bei einem Psychiater kaum etwas ändern können. Auch gegenüber seiner Schwester verhält er sich ambivalent und bezichtigt sie gar, Schuld am Tode ihrer Mutter zu sein. Grosszügigkeit kennt er nur sich selbst gegenüber und diese ist zumeist materiell.
Seine kluge Frau Jenny, nunmehr Hausfrau und Mutter der pubertierenden Mädchen Frannie und Tessa, hat früh gegen ihre Eltern rebelliert und erträgt die erkaltete Ehe mit ihrem Mann Ken immer öfter nur noch durch abendlichen exzessiven Weingenuss, trotz mehrfacher Aufenthalte in Entzugskliniken und der Angst, von ihren Töchtern als Alkoholikerin entdeckt zu werden.
Abby hingegen ist Künstlerin, besitzlos, unorganisiert und nur mässig erfolgreich, sie verarbeitet gesammelte Treibholzstücke in ihren Bildern und Skulpturen.
Und sie ist schwanger von einem verheirateten Mann, verschweigt dies jedoch zunächst auch ihrer besten Freundin Jenny.
Und als wären diese familiären Probleme nicht genug, greift in das Geschehen auch noch Steph ein, eine Polizistin im Alter von Abby und Mutter eines neugeborenen Sohnes. Mehr oder weniger durch Zufall erfährt sie von ihrer eigenen Mutter, dass diese am Rand einer glamourösen Gala ungewollt schwanger wurde, der Vater nichtsahnend : Adam Gardener.
Aus der Sicht der genannten Personen wird nun eine Geschichte verwoben, die sich ebenso geistreich wie genussvoll zu einem prallen Lesevergnügen entwickelt.
Wir erkunden die schwierigen Beziehungen von Ken und Abby zueinander, die sich erst -auch körperlich- aneinander klammerten, um sich dann doch im Lichte ihrer unaufgearbeiteten Kindheit zu entfremden ebenso wie die Sicht ihres Vaters auf die heranwachsenden Geschwister, der sich selbst so grossartig findet und doch seine Kinder insgeheim als kleine Monster bezeichnet.
Kleine Monster heisst auch das Gemälde, welches Abby gemalt hat, um dem 70. Geburtstag ihres Vaters einen gebührenden Rahmen zu geben und welches ihre ganze Zerrissenheit facettenreich offenbart und ihren Bruder so unfassbar wütend stimmt.
Doch vom Verlauf dieser Feier hat ein jeder andere Vorstellungen und der Leser ahnt, dass dieses Fest in einer Katastrophe enden könnte.
In diesem Roman wird weder gewertet, noch wird der Stab über die Protagonisten gebrochen - psychologisch sauber nachempfunden entwickeln sie sich auf ihre Art in unterschiedliche Richtungen und in wechselnden Intensitäten und Verantwortungen.
Die Beschreibung der Familienwelt von Zerrissenheit und Macht, Lügen und Vertuschungen und deren Zusammenspiel mit echt empfundenen Gefühlen, mit Enttäuschungen, Liebe und Einsamkeit fesseln den Leser und lassen den Rezensenten eine deutliche Leseempfehlung aussprechen.
Unter dem Titel >>Litte Monsters<< erschien der Roman 2023, für Rowohlt liegt er nun in deutscher Übersetzung von Karen Witthuhn vor, überdies mit einem exzellent gestalteten Schutzumschlag und einem (seltener werdenden) Lesebändchen.
Die Handlung umfasst einen Rahmen von April bis Oktober 2016, zu einer Zeit, als sich deren Protagonisten noch zuversichtlich zeigten, dass Hillary Clinton als Nachfolgerin von Barak Obama als amerikanische Präsidentin ins Weisse Haus einziehen wird.
Nur Adam Gardener, der Vater der Geschwister Ken und Abby Gardener, trauert da noch Bernie Sanders hinterher, doch der ambitionierte Meeresbiologe, ebenso exzentrisch wie egoistisch, verliert ohnehin zunehmend den Boden unter den Füssen (nahezu sprichwörtlich auf seinem Boot), da er an einer bipolaren Störung leidet und im Ergebnis eines eingangs köstlich beschriebenen Arztbesuches eigenmächtig die Medikamentierung durch Lithium und Seroquel absetzt, um noch einmal kurz vor seinem 70. Geburtstag für vermeintlich bahnbrechende Entdeckungen des Verhaltens von Buckelwalen gefeiert werden zu können.
Seine Kinder Ken und Abby können unterschiedlicher kaum sein.
Ken wuchs 38 Jahre ohne seine Mutter Emily auf, sie starb bei der Geburt seiner Schwester, da war er erst dreieinhalb, diesen Verlaust hat er nie verwunden.
Doch aus seiner Sicht hat er es nun >>geschafft<< : Status und Geld verleihen ihm Macht, die ihn nach der Heirat mit Jenny, die aus einer reichen Dynastie stammt, nur noch unabhängiger von ihrer Familie erscheinen lässt.
Dennoch fühlt er sich zurückgesetzt und nicht anerkannt, woran auch die teueren Sitzungen bei einem Psychiater kaum etwas ändern können. Auch gegenüber seiner Schwester verhält er sich ambivalent und bezichtigt sie gar, Schuld am Tode ihrer Mutter zu sein. Grosszügigkeit kennt er nur sich selbst gegenüber und diese ist zumeist materiell.
Seine kluge Frau Jenny, nunmehr Hausfrau und Mutter der pubertierenden Mädchen Frannie und Tessa, hat früh gegen ihre Eltern rebelliert und erträgt die erkaltete Ehe mit ihrem Mann Ken immer öfter nur noch durch abendlichen exzessiven Weingenuss, trotz mehrfacher Aufenthalte in Entzugskliniken und der Angst, von ihren Töchtern als Alkoholikerin entdeckt zu werden.
Abby hingegen ist Künstlerin, besitzlos, unorganisiert und nur mässig erfolgreich, sie verarbeitet gesammelte Treibholzstücke in ihren Bildern und Skulpturen.
Und sie ist schwanger von einem verheirateten Mann, verschweigt dies jedoch zunächst auch ihrer besten Freundin Jenny.
Und als wären diese familiären Probleme nicht genug, greift in das Geschehen auch noch Steph ein, eine Polizistin im Alter von Abby und Mutter eines neugeborenen Sohnes. Mehr oder weniger durch Zufall erfährt sie von ihrer eigenen Mutter, dass diese am Rand einer glamourösen Gala ungewollt schwanger wurde, der Vater nichtsahnend : Adam Gardener.
Aus der Sicht der genannten Personen wird nun eine Geschichte verwoben, die sich ebenso geistreich wie genussvoll zu einem prallen Lesevergnügen entwickelt.
Wir erkunden die schwierigen Beziehungen von Ken und Abby zueinander, die sich erst -auch körperlich- aneinander klammerten, um sich dann doch im Lichte ihrer unaufgearbeiteten Kindheit zu entfremden ebenso wie die Sicht ihres Vaters auf die heranwachsenden Geschwister, der sich selbst so grossartig findet und doch seine Kinder insgeheim als kleine Monster bezeichnet.
Kleine Monster heisst auch das Gemälde, welches Abby gemalt hat, um dem 70. Geburtstag ihres Vaters einen gebührenden Rahmen zu geben und welches ihre ganze Zerrissenheit facettenreich offenbart und ihren Bruder so unfassbar wütend stimmt.
Doch vom Verlauf dieser Feier hat ein jeder andere Vorstellungen und der Leser ahnt, dass dieses Fest in einer Katastrophe enden könnte.
In diesem Roman wird weder gewertet, noch wird der Stab über die Protagonisten gebrochen - psychologisch sauber nachempfunden entwickeln sie sich auf ihre Art in unterschiedliche Richtungen und in wechselnden Intensitäten und Verantwortungen.
Die Beschreibung der Familienwelt von Zerrissenheit und Macht, Lügen und Vertuschungen und deren Zusammenspiel mit echt empfundenen Gefühlen, mit Enttäuschungen, Liebe und Einsamkeit fesseln den Leser und lassen den Rezensenten eine deutliche Leseempfehlung aussprechen.