Leider enttäuschend

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
madame—rivkele Avatar

Von

Adam, ein manischer Meeresbiologe, der an seinem 70. Geburtstag eine großartige Entdeckung verkünden möchte. Um das zu erreichen, setzt er seine Medikamente ab – heimlich, seine Kinder dürfen davon nichts mitbekommen. Seinem Sohn gegenüber fällt es Adam nicht schwer, seine manische Stimmung zu verbergen, denn Ken ist mit seinem Wahlkampf und seiner Ehekrise schon genug beschäftigt. Schwieriger ist es bei seiner Tochter, Abigail, eine Künstlerin, die in dem Atelier ihrer verstorbenen Mutter lebt. Während alle auf Hochdruck mit der Planung seiner Geburtstagsparty beschäftigt sind, konzentriert sich Adam ganz auf seine Forschung. Je näher der große Tag rückt, desto angespannter wird die Stimmung, desto mehr treten Konflikte hervor, die schon seit Jahrzehnten unter der Oberfläche schwelen. Und wer ist Steph, die Frau, die in diesem Sommer überall aufzutauchen scheint?

Queerness, Kapitalismuskritik, Feminismus, Aufarbeitung von Traumata, (Post-)Kolonialismus, Psychische Krankheiten, toxische Männlichkeit… Es gibt fast kein aktuelles Thema, das nicht in dem neuen Roman von Adrienne Brodeur angesprochen wird. Die Kapitel sind jeweils aus der Sicht verschiedener Protagonist:innen geschrieben, wodurch man als Leser:in Einblick in die unterschiedlichen Gefühlswelten erlangt und die Handlung aus verschiendenen Blickwinkel kennenlernt.
Leider wurde der Roman meiner Ansicht nach seinem deutschen Titel Treibgut mehr als gerecht: es kam mir so vor, als würden all die erwähnten Themen in die Geschichte gespült, ohne dass sie geordnet oder in einen Kontext gesetzt worden wären. Zum Großteil wird etwas aufgegriffen, ohne dass es weiter kommentiert werden würde:

„Abby dachte an die leise Frauenverachtung ihres Vaters. Ja, das war eine Generationssache, aber nichtsdestotrotz ärgerlich“ (S. 243)

„Eben noch ein Mädchen, jetzt plötzlich ein Junge – Adam verstand diese neue Generation und ihr «Fluidität» nicht. Aber wenn man sie hinterfragte, war man auf jeden Fall das Arschloch.“ (S. 406)

Außerdem werden zum Teil Vorurteile reproduziert, die mir das Gefühl gegeben haben, dass die Autorin ein möglichst queeres und wokes Buch schreiben wollte und dazu einzelne Stereotype abhaken musste.

„Der Strand war bevölkert von Sommertouristen – bärtige Kerle in Cargoshorts und Trägerhemden, schwule Männer in Bikinis und Familien aller Art, die hinter Kindern herjagten.“ (S. 336)