Mitreißender Sommerroman und eine Familiengeschichte mit vielschichtigen Charakteren und ihren Geheimnissen

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schnaeppchenjaegerin Avatar

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Ken und Abby Gardner haben ihre Mutter früh verloren. Ken war erst drei Jahre alt und Abby hat ihre Mutter nie kennengelernt. Ihr Vater Adam war anschließend erneut verheiratet, hat seine Kinder aber weitgehend allein bei Provincetown auf Cape Cod großgezogen. Abby und Ken haben nicht nur unter der Abwesenheit einer Mutter, sondern auch unter der bipolaren Störung ihres Vaters gelitten, der allerdings beruflich als Meeresbiologe in der Walforschung brillierte.
Nun steht sein 70. Geburtstag bevor und Adam möchte es sich und anderen beweisen, dass er nichts von seiner Genialität verloren hat und nicht in Bedeutungslosigkeit versinken wird. Er setzt seine Medikamente heimlich ab, um noch einen Clou in seiner Forschung zu erreichen.
Als Erwachsene ist das Verhältnis zwischen Abby, der zurückgezogenen Künstlerin und Ken, dem erfolgreichen Geschäftsmann und angehenden Politiker, angespannt. Sie konkurrieren miteinander und hüten ihre eigenen Geheimnisse, während der Geburtstag ihres Vaters näher rückt und die Planung der Feier und Geschenke Gestalt annimmt.
Unterdessen ahnen sie noch nicht, welche Rolle die junge Mutter Steph Murphy, die aufgrund eines Gendefekt ihre Familiengeschichte aufklären möchte, in ihrem Leben spielt.

Der Roman ist abwechselnd aus den Perspektiven der Hauptfiguren geschildert.
Diese sind vielschichtig dargestellt, wobei insbesondere der Gegensatz zwischen den weiblichen und den männlichen Figuren betont wird, ohne allzu klischeehaft zu wirken.

Abby ist die feinsinnige, bodenständige Künstlerin, die unter Bindungsängsten leidet und um ihren Platz in der Familie kämpft. Ihr Bruder Ken, der sich gern in den Mittelpunkt stellt, umgibt eine unverhohlene Arroganz, die seine Unsicherheit verbirgt. Auch wenn er sich gern aufgeschlossen und liberal präsentiert, ist er konservativ geprägt und drängt Frauen in ihre klassische Rolle. Adam sieht sich als genialen Wissenschaftler und fühlt sich in seinen manischen Episoden unantastbar und in seinen Depressionen schwach und verloren.

Trotz ihrer Gegensätzlichkeit verbindet sie eine Sensibilität und die Liebe zur Natur.
Während man in ihre Leben eintaucht und die Charaktere immer besser kennenlernt, werden Konflikte offenbar und es ist spürbar, wie sich die Situation zuspitzt. Gespannt ist der Gipfel der Eskalation bei der Geburtstagsfeier zu erwarten.

"Treibgut" ist ein mitreißender Sommerroman vor malerischer Kulisse. Die Faszination für die Natur wird bildhaft vermittelt, während man die Figuren beim Segeln im Meer, Picknick in den Dünen oder beim Spaziergang am Strand begleitet.
Die Geschichte handelt von privilegierten Personen, die in einem Paradies leben und dennoch problembehaftet sind. Ein Schmerz durchzieht die Familiengeschichte sowie ein Schweigen und Leugnen von Konflikten.
Weder Verdrängung noch die Flucht in den Alkohol oder Therapiesitzungen können verhindern, dass die Geheimnisse in diesem Sommer ans Licht kommen und für klarere Verhältnisse sorgen.

Die Geschichte ist lebendig und authentisch und zeugt von einer feinfühligen Beobachtungsgabe. Sie wird getragen von den facettenreichen Charakteren und den komplexen Beziehungen untereinander. Ihre Entwicklung ist durchgehend spannend zu verfolgen und entpuppt am Ende starke Frauenfiguren, die selbstbewusst ihren Weg gehen.