Das Leben, das Sterben und die Kunst

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murksy Avatar

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Dieser Roman von Teju Cole lässt sich schwer beschreiben. Das scheinbare Fehlen eines roten Fadens oder einer stringent erzählten Geschichte werden viele Leser abschrecken, wenn nicht gar enttäuschen. Die große Kunst dieses im wahrsten Sinne Kunstwerkes der Literatur ist seine Vielschichtigkeit. Wie ein Ölgemälde, dass sich aus verschiedenen Farbschichten aufbaut, aus der Nähe wie ein unsinniges Farbspiel erscheint und erst beim ruhigen Betrachten aus einiger Entfernung seine Geheimnisse und Schönheit offenbart, genauso funktioniert der Roman auf vielen Ebenen. Kurze Abschnitte über Kunst wechseln sich ab mit Erzählungen über Gräueltaten und Morde. Teilweise erinnert mich dieser Flickenteppich an den Roman „American psycho“, indem die Hauptfigur über populäre Musik philosophiert, bevor er im nächsten Kapitel erneut zum zynischen Schlächter wird. Tremor ist nicht so brutal wie das erwähnte Buch, ist auch thematisch nicht zu vergleichen. Aber das Wechselspiel der Geschichten, geflochten wie ein Patchworkteppich, dem Titel nach sich abwechselnd wie die Zuckungen eines Tremors, ähnelt der Schreibweise. Die Kunst ist ein immer wiederkehrendes Thema des Buches, ob Gemälde, Bücher oder kurze Blitzlichter des Jazz. Der Leser wird gefordert, entdeckt aber auf jeder Seite Neues, lernt afrikanische Traditionen kennen, und hält inne. Kein Buch zum Zwischendurchlesen, kein einfaches Buch. Ein Buch das manchmal ratlos zurücklässt, um dann den Leser wieder einzufangen. Der brillante Schreibstil, die detailreiche und tiefgehende Analyse der Kunstwerke, der politischen Verhältnisse und der menschliche Schicksale sind hervorragend und beweisen das Talent des Teju Cole. Wer einfache Bücher bevorzugt, eine heile Welt sehen will und Schwierigkeiten hat, sich komplizierte Texte und Inhalte anzueignen, sollte das Buch meiden. Literaturbegeisterte und mutige Leser, die auch nicht davor zurückschrecken, den einen oder anderen Absatz wirken zu lassen, gegebenenfalls erneut zu lesen, wird belohnt. Kunstliebhaber der verschiedenen Genres werden Inspiration finden, Freunde gelungener Zitate und treffender Bonmots kommen auf ihre Kosten. Die Härten des Buches, sinnbildlich in dem Zitat aus dem Buch „Der Mähdrescher des Todes ist die gründlichste aller Maschinen“ beschrieben, spiegeln den ewigen Kampf des Lebens wieder, das immer und unumkehrbar im Tode endet. Was wir aus der Zwischenzeit machen, definiert uns. Mit all den Episoden unseres Daseins, einem Tremor gleich mit unzähligen Eruptionen und Brüchen, existieren wir und sammeln unsere Erlebnisse, unsere Narben und unsere Momente des Glückes. So wie in jedem Abschnitt dieses Buches.

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