Spannende Erzählweise
„Treppe aus Papier“ ist ein vielschichtiger Roman, der sich auf bemerkenswerte Weise mit der deutschen Vergangenheit, mit Erinnerung und Schuld auseinandersetzt – und dabei einen äußerst kreativen erzählerischen Zugang findet.
Besonders hervorzuheben ist die außergewöhnliche Erzählperspektive: Die Geschichte wird aus Sicht eines Hauses erzählt. eines Hauses, das als eine Art allwissender Erzähler fungiert, weclher jedoch in seinem Wissen und seiner Wahrnehmung auf das beschränkt ist, was innerhalb seiner Wände geschieht. Diese ungewöhnliche Perspektive verleiht dem Roman eine ganz eigene Atmosphäre. Das Haus beobachtet, erinnert, speichert, aber immer nur das, was sich innerhalb seines Rahmens zuträgt. Dadurch entsteht ein faszinierender Blickwinkel auf das Geschehen, der sowohl Nähe als auch Distanz erzeugt.
Ein weiteres zentrales Element ist die Behandlung von Zeit. Zeit verläuft hier nicht linear, sie verschwimmt und überlagert Ereignisse, die historisch Jahrzehnte voneinander entfernt sind, erscheinen im Erzählen fast gleichzeitig. Diese zeitliche Verschränkung unterstützt nicht nur die erzählerische Perspektive des Hauses, das „alles erinnert“, sondern macht auch deutlich, wie sehr Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwoben sind, gerade im Kontext deutscher Geschichte.
Trotz der thematischen Schwere, es geht um Schuld, Verdrängung, Erinnern, liest es sich erstaunlich leicht. Der Schreibstil ist flüssig, stellenweise poetisch und gleichzeitig präzise. Besonders auffällig ist die stilistische Gestaltung, die sich dem Konzept des Romans anpasst. So ist der Stil oft geprägt von Aufzählungen, Wiederholungen und kleinen Beobachtungen, die sich im Gedächtnis des Hauses festsetzen.
„Treppe aus Papier“ ist ein spannendes Buch. Es gelingt dem Autor auf beeindruckende Weise, ein schwieriges historisches Thema in eine originelle und zugleich zugängliche Erzählform zu bringen. Ein Buch, das nachhallt und das man trotz (oder gerade wegen) seiner Tiefe kaum aus der Hand legen kann.