Spannende Idee, Umsetzung leider zu konstruiert

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luisabella Avatar

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»In dem Augenblick, den du Gegenwart nennst, leben in uns sechzehn Personen, aufgeteilt auf acht Parteien.« (S. 24)

Ich glaube, ich habe noch nie einen Roman aus Sicht eines Mehrfamilienhauses gelesen. 👀 DAS ist eine wirklich coole Erzählperspektive und großartige Idee! Und jetzt kommt leider das ABER: Aber es waren mir leider zu viele Themen gewollt, die der Roman für mich nicht umsetzen konnte. Die Grundthematik — die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Verdrängen der eigenen Rolle bzw. der eigenen Familie in diesem System — ist wichtiger denn je, aber dieses Thema hätte noch viel stärker in den Fokus gestellt werden können, wenn da nicht 1-12 Nebenschauplätze aufgemacht worden wären (z.B. Queer-Awakening, CoA-Story, Familiendrama, etc.). Side Note: Zumal ich es wirklich leid bin, weibliche Protagonistinnen von Männern geschrieben zu lesen. Warum hätte mensch nicht aus der Perspektive schreiben können, mit der sich selbst identifiziert wird? Das wäre für mich viel authentischer und glaubwürdiger. So war die Lovestory zwischen Nele und Laura für mich vor allem eins: konstruiert und abstrakt. Der Austausch zwischen Irma und Nele fand ich gut ausgearbeitet und passend zur Storyline.

»TREPPE AUS PAPIER« von Henrik Szántó ist ein Roman, der wichtig & richtig den Nationalsozialismus und die Rolle der Bevölkerung sowie unsere Erinnerungskultur kritisiert. Für mich hat der Roman aber zu viele Nebenstränge, die nicht genutzt werden und sich dadurch kein stimmiges Gesamt-Konstrukt ergibt.

»Man muss für die richtige Sache einstehen, unabhängig vom Ergebnis. Mutlosigkeit ist Verrat an der eigenen Menschlichkeit.« (S. 149)