Faszinierend und extrem unbequem zugleich, großes Kino!

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naibenak Avatar

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Was für ein Buch! Selten habe ich mich beim Lesen eines Romans phasenweise so unwohl gefühlt und war gleichzeitig völlig fasziniert. Gaea Schoeters macht es möglich:

Der us-amerikanische Großwildjäger Hunter White, der im Hauptjob an der New Yorker Börse spekuliert, will in Afrika die „Big Five“ vollmachen und die Trophäe eines erlegten Nashorns seiner Frau mitbringen. Dafür zahlt er in Afrika undenkbare Summen, die für den dortigen Naturschutz verwendet werden. Allein diese Situation gibt mir als Leserin komplizierte Gewissensfragen auf. Großwild-/Trophäenjagd vs Naturschutz, männlicher Egotrip/Befriedigung männlicher Triebe vs gute Tat für bedürftige afrikanische Kommunen. Ich bin mehrfach hin und hergerissen ob dieser moralischen Herausforderungen. Spätestens, als alles auf die Spitze getrieben wird, nämlich mit dem Angebot der „Big Six“, das Hunter White gemacht wird, ist es mit dem Verständnis für dies oder jenes vorbei.

Die Autorin schreibt unglaublich fesselnd in toller bildhafter, teils poetischer Sprache. Verschiedene Jagdszenen ziehen sich durch den gesamten Roman. Fast wird es ein wenig ermüdend, doch schon bald gibt es derart spektakuläre und faszinierend beschrieben Szenen, dass ich am Ende doch durchweg sehr gefesselt bin. Die Art und Weise der Jagd, wie sie die Naturvölker (Buschmänner) betreiben, ist sagenhaft und wird sehr glaubhaft beschrieben. Ich lerne die Flora und Fauna auf spannende Weise kennen. Ausserdem wird einiges über die Lebensweise und Gemeinschaft der Naturvölker deutlich.

Zu guter Letzt muss ich die Charakterzeichnung des Hunter White hervorheben. Absolut gelungen! Extrem unbequem zugleich. Die Ambivalenz seiner Gefühlswelt wird teils derart auf die Spitze getrieben, dass es richtig weh tut. Und trotzdem hab ich das eine oder andere Mal ein wenig Mitleid. Oder doch nicht?

Wie alles ausgeht, soll für sich selbst herausfinden, wer sich diesen Roman zutraut. Gaea Schoeter hält uns mit diesem Roman einen sehr unbequemen Spiegel vor. Er geht ans Eingemachte und ist nichts für zarte Gemüter. Er beschäftigt mit einem großen Strauß an moralischen und ethischen Fragen auch noch lange Zeit nach der Lektüre. Absolut bemerkenswert und großes Kino!