Jäger und Beute

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elfe1110 Avatar

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Dieser Roman ist der Wahnsinn! Im wahrsten Sinne des Wortes! Sicherlich nichts für schwache Nerven aber einmal angefangen taucht man erst auf Seite 253 nach Atem schnappend wieder auf!

Es geht um die Großwildjagd in Afrika. Das allein schon ist ein aufgeheiztes Thema, das in all seinen moralischen, wirtschaftlichen und kulturellen Facetten starke Kontroverse hervorruft. Ganz zu schweigen vom Artenschutz und der vom Kolonialismus geprägten Historie.

Das Ziel eines Großwildjägers: die Big Five. Aber wie wäre es, wenn man dem noch die Krone aufsetzen könnte? Eine sechste Art hinzukäme?

Hunter White – der Name ist Programm! – ist so ein Jäger. Steinreich. Ein Wohltäter Afrikas. Die Spitze der Nahrungskette. Tötet allein der Jagd wegen. Die Trophäe eher etwas für die Ehefrau daheim. Er kommt nach Afrika, um seine Big Five endlich vollzumachen. Frustriert, weil dies in letzter Sekunde vereitelt wird, erfährt er so das erste Mal von den Big Six. Aufgepumpt mit Adrenalin, Jagdfieber und den besten moralischen Absichten beginnt sein Kopf zu arbeiten…

Gaea Schoeters Roman ist genauso gegensätzlich wie seine Thematik. Die Bildsprache gewaltig und faszinierend, einen kleinen Landstrich Afrikas beschreibend, der so vielfältig ist, dass es einem die Sprache verschlägt. Du spürst die Hitze, hörst die unzähligen, fremdartigen Geräusche, nimmst eine vollkommen andere Landschaft vor deinem geistigen Auge wahr. Erhälst faszinierende Einblicke in Kultur und Bräuche längst durch den Kolonialismus und die Folgen der „weißen“ Zivilisation zurückgedrängten Stämme und Völker. – Und bist gleichzeitig den Gedankengängen eines weißen, „zivilisierten“ Mannes ausgesetzt, dem der Jagdinstinkt und die Überlegenheit quasi in die Wiege gelegt wurden. Der mit manch verstörenden, schockierenden Thesen aufwartet, dann wieder eher versöhnliche Töne anschlägt. Der in jedem Falle polarisiert und doch auch immer wieder Argumente aufführt, die durchaus populär sind und im Pro und Contra der Großwildjagd und des Artenschutzes ebenso wie im Kontext des Kolonialismus und dessen Folgen für den gesamten Kontinent zum Tragen kommen.

Gaea Schoeters Darstellung ist in vielerlei Hinsicht ein Maximum, eine Gratwanderung, die bis an ihre Grenzen geht. Aber eben auch nur bis an Grenze und nie drüber. Sich der Klischees und überspitzten Charaktereigenschaften eher als stilistisches Mittel bedient. Das war für mich persönlich krass gut und zutiefst aufwühlend.