Unbequem, fesselnd, ambivalent, radikal, herausfordernd

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irisblatt Avatar

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Hunter White ist passionierter Jäger und reich. Bereits als kleiner Junge begleitet er seinen Vater und Großvater auf der Jagd und erlegt erste Tiere. Für ihn ist der Augenblick kurz vor dem präzisen, tödlichen Schuss, in dem sein Blick sich mit dem seiner Beute trifft, der befriedigendste Moment einer Jagd. Als er eine Lizenz zum Abschuss eines Nashorns erhält, erfüllt sich ein Traum. Ein Nashorn ist das letzte Tier der „Big Five“, das ihm noch fehlt.
Er möchte diese besondere Trophäe seiner Frau, die ein Faible für solche Geschenke hat, überreichen.
Hunter reist voller Vorfreude nach Afrika und begibt sich dort mit seinem langjährige Freund und Vermittler der Jagdlizenzen, van Heeren, auf die Jagd nach dem für ihn freigegebenen Tier. Einiges geht schief auf dieser Jagd; Hunter ist am Boden zerstört, doch dann unterbreitet ihm van Heeren ein neues Angebot.
Sehr detailliert lässt uns Gaea Schoeters am Ablauf einer Jagd und den Gedanken Hunters teilnehmen. Der Autorin gelingt es ausgesprochen gut, Hunters Weltbild und seine emotionalen Beweggründe schlüssig darzulegen. Obwohl mir Hunter in allem fremd ist, fühlte ich mich ihm auf eine gewisse Art nah und verbunden und wäre beinahe seinen Ausführungen, warum die Trophäenjagd so wichtig für den Arten- und Naturschutz sei, auf den Leim gegangen. Diese „Nähe“ erzeugt Spannung und Anspannung zugleich. Der Text fordert ein ständiges Auseinandersetzen mit den eigenen Werten und Moralvorstellungen. Dabei liest sich das Buch wie ein fesselnder Abenteuerroman, der neben Szenen voller Spannungsmomente auch wunderschöne Naturbeschreibungen liefert.
Ganz nebenbei erfahren wir etwas über Naturschutz, Jagdlizenzen, das Fährtenlesen, Wilderei, Bestechung und die Wechselwirkungen in einer kapitalistisch geprägten Welt sowie über die Überlebensstrategien und einige Rituale der indigenen Bevölkerung.
Die Geschichte entwickelt sich in eine unerträgliche Richtung. Gerade aber diese Radikalität und die drastische, ungeschönte Art, in der die Autorin ihren Plot vorantreibt, haben mich noch einmal anders über das Jagen, Töten und den Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen nachdenken lassen.
Ich bin den Geschehnissen entsetzt, aber auch fasziniert gefolgt, was letztendlich auch der absolut stimmigen Figurenzeichnungen geschuldet ist. Dabei waren gerade die ambivalenten Gefühle, denen ich beim Lesen permanent ausgesetzt war, für mich eine Bereicherung. Dieses Buch wird mir mit Sicherheit im Gedächtnis bleiben.
Trophäe wurde von Lisa Mensing aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt.