Sterben auf eigene Gefahr! Ein Trauerredner stolpert in seinen ersten Fall

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marionhh Avatar

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Trauerredner Mads führt in Glücksburg ein eher beschauliches Leben. Er lebt mit seinem Vater Fridtjof, dessen Beerdigung vorab geprobt werden muss, und seiner Malteser-Hündin Bobby zusammen und trifft sich mit Freund Fiete zum Bier. Sein Trott wird empfindlich gestört, als er einen Brief von seinem alten Freund Patrick erhält, zu dem er keinen Kontakt mehr hatte, seit dieser plötzlich verschwand. Nun ist Patrick tot, angeblich durch einen Unfall, und Mads soll die Trauerrede halten. Bei seiner Recherche trifft Mads auf alte Bekannte, finstere Gesellen, ein dichtes Lügengeflecht und bringt doch unverhoffte Wahrheiten ans Licht. Als ihm klar wird, dass Patricks Tod vielleicht doch kein Unfall war, sticht er weiter ins Wespennest und bringt dabei sich selbst und seinen Anhang in tödliche Gefahr.

Gut konstruierter, sehr gut geschriebener und spannender Krimi mit viel Humor und norddeutschem Lokalkolorit. Wer jetzt aber einen seichten Wohlfühl-Krimi erwartet, bei dem man sofort weiß, was Phase ist, irrt sich: Auch wenn das Land platt ist, der Krimi und der Stil sind es nicht. Der Start ist erst einmal humorig und sagt viel aus über die skurrilen und eigensinnigen Menschen und ihre Eigenheiten. Man ist sofort in der Geschichte drin und verliebt sich auf der Stelle in Mads Vater und seine Marotten. Die Story wird fortlaufend erzählt und ist unterteilt in fünf Teile (ein Brief, ein Knopf, ein Monster, ein Finger, Schausende), die die Quintessenz des Teils auf den Punkt bringen.

Die Story ist sehr stark auf Mads ausgerichtet und wird komplett aus seiner Sicht erzählt. Dennoch, und das spricht für die Erzählkunst des Autors, bekommen auch die anderen ihren Stempel aufgedrückt. Alle haben ihre Persönlichkeit, ihren sehr eigenen Charakter und sind tiefgründig gestaltet, und so kommt man nicht umhin, neben Mads noch zu einigen anderen eine innige Zuneigung zu entwickeln. Bei mir war es neben Fridtjof (bei dem sich auch noch Abgründe auftun, nur so als Vorwarnung) Hauptkommissarin Mills (herrlich bissig, intelligent, Marke harte Schale, weicher Kern) auch noch Laura, neue Liebe von Mads Kumpel Fiete, die erheblich zum Gelingen des Falles beiträgt und die letztlich die Kohlen aus dem Feuer holt. Überhaupt: Wenn die Damen der Schöpfung nicht wären, sähen die manchmal doch sehr naiv und fern des gesunden Menschenverstandes agierenden Herren recht alt und ziemlich tot aus.

Mads für seinen Teil kann gut für seine Reden im Leben eines Verstorbenen recherchieren, ist aber absolut unbedarft, was in Patricks Fall auf ihn zukommt. Je mehr er mit alten und neuen Bekannten von Patrick, seines ehemals besten Freundes, spricht, desto tiefer taucht er in dessen neues Leben ein und desto mehr seiner eigenen verdrängten Erinnerungen kommen ans Licht. Warum ist Patrick damals spurlos verschwunden? Welchen Anteil hatte er, Mads, daran? Auch wenn zwischendurch immer mal wieder das Cosy Crime-Genre die Oberhand hat, wenn etwa Mads mehr damit beschäftigt ist, mit seinem Vater Bingo zu spielen als zu ermitteln und der Kriminalfall dadurch in den Hintergrund tritt, so wird er doch schnell, und mit ihm der Leser, schmerzhaft daran erinnert, seine Nase besser nicht allzu tief in Patricks Machenschaften zu stecken. Als er es doch tut, wird er plötzlich vom organisierten Verbrechen dazu auserkoren, den Kopf für die Verfehlungen seines ehemaligen Freundes und seiner Kumpane hinzuhalten, nachdem nach und nach alle anderen aus Patricks Umfeld spurlos verschwunden sind oder ermordet wurden. Für Mads spricht seine Loyalität, sein absolutes Bestreben, die Wahrheit herauszufinden, sein unerschütterlicher Optimismus und letztlich die Sorge um seine Lieben. Dies treibt ihn im letzten Drittel der Geschichte zu Höchstleistungen an und so nimmt die Story noch einmal mächtig an Fahrt auf und an Spannung zu.

Fazit: Kein klassischer Whodunnit-Krimi, auch kein Cosy Crime, aber ein solide konstruierter Krimi, der meines Erachtens hauptsächlich von seiner sympathischen Hauptfigur und dessen skurrilem Umfeld lebt. Eine gute Geschichte, die sich hervorragend für die wieder dunkler werdenden Herbstabende vor dem Kamin (oder sonst einem warmen Ort) eignet und sich sehr gut lesen lässt. Vorausschauend sei gesagt, dass ein zweiter Fall für Mads bereits in Arbeit und für nächstes Jahr geplant ist. Kommt auf jeden Fall auf meine Liste.