Verfeindete Adelshäuser, ein ewig währender Fluch und Schach

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sasa_moon_9 Avatar

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Von Stella Tack hatte ich bereits "Warrior & Peace" aus dem Drachenmond Verlag gelesen und mochte es damals wirklich gerne. Daher wollte ich mich an eines ihrer neueren Werke herantrauen, besonders weil dieses Buch sehr viele begeisterte Anhänger:innen hat. Ich kann durchaus verstehen, wieso dieses Buch so beliebt ist: es hat eine interessante und etwas andere Grundgeschichte - ich meine, Bücher mit Schachelementen habe ich noch nie gelesen! Doch leider konnte mich das in seiner Umsetzung nicht vollends überzeugen.

Das Cover: ich muss ganz ehrlich gestehen, dass es nicht zwingend meinen Geschmack trifft - was aber absolut nicht schlimm ist! Es wurde passend zur Zielgruppe ausgesucht und passt auch mit den Schachfiguren perfekt zur Geschichte. Die Typografie wurde ebenso sehr ansprechend in Szene gesetzt und die Farbauswahl gefällt mir auch. Ich mag jedoch keine Menschen auf Covern, da sie mir immer meine Vorstellungskraft etwas rauben und ich finde, dass die abgebildete Frau es etwas kitschig wirken lässt, aber das ist nur meine Meinung.

Handlung und Schreibstil: seit Jahrhunderten sehen sich die Adelshäuser Chesterfield und St. Burrington einem Fluch ausgesetzt. Mittlerweile wurden diese als Internate umfunktioniert und können so ihr großes Geheimnis vor der Außenwelt verbergen. Eines Sommers muss Alice zur Sommerschule nach Chesterfield, um ihr Schuljahr zu bestehen, doch nach und nach merkt sie, dass seltsame Dinge vorgehen. Ständig schleichen sich die Schüler:innen nachts aus dem Internat und vor ihr wird immer das Thema wechselt. Alice sucht nach Antworten, bis sie plötzlich eines Tages eine Mitschülerin versteinert im Wald findet.

Der Inhalt der Geschichte klang so vielversprechend! Ich war sehr gespannt, inwiefern das Thema Schach in die Geschichte eingewoben wird und wurde in der Hinsicht auch nicht enttäuscht. Die Idee der lebendigen Schachfiguren fand ich sehr abwechslungsreich, doch relativ schnell hat mir etwas an der Umsetzung gefehlt. Die Kämpfe zwischen den verfluchten Adelshäusern waren gut, aber konnten mich nicht vollends an die Seiten fesseln, die große Wendung in der Geschichte habe ich relativ schnell kommen sehen und die einzige Person, die ich richtig sympathisch fand, war eine Katze. Auch hat mir ein bisschen die Auseinandersetzung mit Gut und Böse gefehlt. Diese Schwarz-Weiß Thematik bietet genug Stoff zur Diskussion und Auseinandersetzung, jedoch wurde sich hier kaum damit befasst. Was ist mit den Graustufen und den kleinen Nuancen dazwischen? Ja, in Nebensätzen wurde kurz angeschnitten, dass alle verflucht sind und alle mit drinstecken, aber am Ende sympathisiert man doch mehr mit der einen Seite und die anderen sind dann "die Bösen". Das war mir zu eindimensional, aber vielleicht gibt es dazu mehr im zweiten Band.

Beim Schreibstil habe ich von Stella Tack wieder viel Humor erwartet. Bei "Warrior & Peace" musste ich teilweise wirklich laut lachen, hier gab es auch sehr lustige Szenen, diese gingen jedoch meistens nur von einer Person bzw. Katze aus. Stella schreibt erneut sehr flüssig und jugendlich, nur manchmal mochte ich manche Vergleiche nicht, die hier genutzt wurden und manche Dialoge wirkten etwas realitätsfern. Außerdem hat mich nach einer Weile die Menge an Schimpfworten und Beleidigungen gestört. Ich habe kein Problem damit, wenn in Geschichten geflucht wird - hier wirkte es aber sehr überzeichnet, besonders in der Quantität.

Die Charaktere: mit ihnen bin ich bis jetzt leider nicht wirklich warm geworden. Unsere Protagonistin, Alice, war mir doch ziemlich naiv und musste ständig gerettet werden. Auch viele andere blieben mir einfach zu blass, dafür konnte ich mich jedoch im späteren Verlauf mit Isolde anfreunden. Mein persönliches Highlight war jedoch der Kater Curse. Dieser hat die ganze Geschichte aufgelockert und mich auch zum Schmunzeln gebracht.

Ebenso sind mir zwei Kleinigkeiten aufgefallen, die durchaus etwas ausbaufähig waren bezüglich der Beschreibung/ Vorstellung von LGBTQ+ und BPOC- Charakteren. Ich finde es toll, dass Stella nicht nur heterosexuelle Cis-Menschen in ihrer Geschichte integriert, jedoch bin ich bei manchen Beschreibungen angeeckt. Zum Beispiel beschreibst sie die Augen eines männlichen Charakters als "asiatisch geschwungene Augen" (S.16). Ich weiß natürlich, was sie damit ausdrücken wollte, jedoch ist Asien groß und dazu zählen nicht nur Japan, China und Korea. (Ich vermute mal das sie einen Charakter mit ostasiatischen Wurzeln beschreiben wollte.) In Indien und der Türkei zum Beispiel sind solche Augen nicht zwingend typisch, zählen jedoch auch zu Asien. Auch fand ich es etwas schade, dass der einzige schwule Charakter gleich mit den Worten "Weißt du, XY ist schwul und hoffnungslos in unsere XY verknallt", vorgestellt wird (S.120, ich verzichte hier auf die Namen, aufgrund von Spoilergründen). Als wäre seine Sexualität seine einzige Charaktereigenschaft und die betroffene Person war auch gar nicht begeistert, dass das gleich herumposaunt wurde. Wie gesagt, das sind nur zwei Situationen gewesen, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass diese beim Lektorat aufgefallen wären.

Letztendlich war Night of Crowns vielleicht einfach nicht das richtige Buch für mich. Ich habe es relativ schnell gelesen und konnte mich gleich in der Geschichte einfinden, jedoch haben es mir die Charaktere und die Umsetzung der Thematik etwas schwer gemacht. Ich kann mir aber vorstellen, dass vielen anderen diese Geschichte gefallen wird. Ich kann hier leider nur 3/5 Sternen vergeben.