Mit viel knurrigem Charakter

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Inhalt
Michael – Mick – Hardin ist in seine Heimatstadt in Kentucky zurückgekehrt. Als Ermittler beim Militär und Einsätzen in Syrien und Afghanistan hat er einige Kriegserlebnisse zu verarbeiten. Zudem hat er sich unerlaubt von der Truppe entfernt, da seine Frau Peggy hochschwanger und nicht sicher ist, wer ihr Kind gezeugt hat. In dieser Situation bittet Micks Schwester Linda ihn um Hilfe. Sie ist der erste weibliche Sheriff im Ort und es wurde eine Leiche gefunden: Eine Witwe mittleren Alters, die jeder kannte und mochte. Bei den Ermittlungen stellt man sich Linda in den Weg, um sie aus dem Amt zu drängen. Aber in den wilden Kentucky Hills wird das Recht oft in die eigenen Hände genommen. Um Schlimmeres zu verhindern, muss Mick schneller sein.


Meinung
In Offutts atmosphärisch dichtem Krimi stehen Land und Bewohner im Vordergrund. An diesen hangelt sich die Ermittlung, die oft wie Beiwerk wirkt, hoch und ohne diese würde es nicht funktionieren. Der Autor hat das Land, in dem er selbst aufwuchs, nicht nur mit den Augen, sondern auch dem Herz erfasst. Kernig und mit viel Charakter schreibt er auf eine gewisse knurrige Art, schafft lebendige und sehr eigen daherkommende Charaktere, bei denen eine „heile Welt“ nicht existiert. Die meisten kümmern sich um ihren eigenen Kram und Familienehre geht über alles.
Als Mick, der eine Weile im Ausland gelebt hat, erneut hinzukommt und beginnt, schwierige Fragen zu stellen, ist es sein Familienname, der ihm Zutritt zu der beinahe geschlossenen Gesellschaft verschafft. Mit ihm zusammen lernt der Leser die Leute kennen, schaut sich mit seinen Augen um. Und Mick ist keiner, der nicht selbst an der ein oder anderen Sache zu knabbern hätte. Obwohl seit vielen Jahren verheiratet, gesteht ihm seine Frau Peggy, dass das Kind, das sie in sich trägt, auch von einer Affäre stammen könnte. Obwohl es noch einige Wochen dauert, beschließt Mick, die Geburt abzuwarten, was ihm die Militärpolizei ins Haus bringt. Er ist von der ruhigen, verschlossenen Sorte, einer, der seine Probleme mit sich selbst ausmacht, auch wenn er Leute hätte, mit denen er darüber sprechen könnte. Dadurch atmet der Roman auch viel Testosteron aus, aber die Mischung macht’s und hier passt es. Ohne etwas zu beschönigen, zeigt Offutt einige starke Frauen, die mit Waffen genauso locker umgehen wie mit der Zunge. Das heißt nicht, dass ihnen nichts passiert. Das Opfer ist eine Frau. Linda, Micks Schwester, hat sich zum ersten weiblichen Sherriff hochgearbeitet, wird aber nicht von allen gern in der Position gesehen. Sie ist taff, beißt sich durch, ohne über Leichen zu gehen, hat aber keine falsche Scheu, um Hilfe zu bitten, wenn sie diese benötigt.
Raue, wunderschöne Landschaften, ein Mord, eigenwillige Bewohner und ein Mann, der sich gegen alle Widrigkeiten und auch mal knallhart durchboxt. „Unbarmherziges Land“ ist Programm. Obwohl der Roman nicht sehr seitenstark daherkommt, ist alles da, was es für ein umfassendes Lesevergnügen braucht – außer einer Fortsetzung. Die allerdings wird wohl nicht lange auf sich warten lassen. Zu hoffen wäre es.