Tiefgang mit mythischem Einschlag

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
stef9274 Avatar

Von

Nachdem ich von Emilia Hart bereits "Die Unbändigen" gelesen habe, war ich sehr gespannt auf "Unbeugsam wie die See". Vor dem Setting der australischen Küste nimmt uns die Autorin auch hier mit auf eine literarische Reise vor einem realhistorisch inspirierten Hintergrund, nämlich der Entstehung der britischen Sträflingskolonie.
Hart folgt ihrem bereits bekannten Erzählmuster: Sie bringt uns Lesende mit verschiedenen Protagonistinnen zu unterschiedlichen Zeiten in Verbindung und lässt uns rätseln, wie sie alle zusammenhängen. Verknüpfendes Element ist hier das Wasser - beziehungsweise die mysteriöse Wasserallergie, unter der die Frauen leiden. Alle werden außerdem in verschiedenen Ausprägungen Opfer der machtausübenden Männer in ihrem Umfeld.

Der auflösende Twist, also das Geheimnis der Protagonistinnen, erschien mir relativ vorhersehbar, möglicherweise ist das aber auch so gewollt, um die Neugier zu wecken, wie das Ganze zustande kommen kann. Was mir gut gefallen hat, ist die Darstellung der Frauen in ihren jeweiligen Lebensumständen sowie der sich durch die Zeiten als problematisch präsentierenden Männer. Dadurch wird meiner Meinung nach der Konflikt der Geschlechterungerechtigkeit sehr deutlich und es zeigt sich auf realistische Weise, dass wir bei all der Weiterentwicklung teilweise noch die gleichen Probleme mit männlich geprägten Machtstrukturen haben wie in vorherigen Jahrhunderten. (Wenn ich wir sage, meine ich "wir Frauen".)

Es fiel mir leider etwas schwer, zu Jess und Lucy eine Verbindung aufzubauen. Mit Mary und Eliza habe ich sehr mitgefiebert und ihre Zeitebene hat mich absolut fasziniert. Insgesamt finde ich den Roman sehr gelungen, eventuell aber ein winziges bisschen schwächer als den Vorgänger. Wer einen kurzweiligen, aber tiefgründigen Roman mit starken Frauenfiguren und origineller Story sucht, wird hier mit "Unbeugsam wie die See" fündig.