„Was sollen Sie uns tun, was sie uns nicht längst getan haben?“

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danny_von_merkwürden Avatar

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Proteste sind laut. Sie bestehen meist aus vielen wütenden Menschen, die brüllen, trommeln, in Trillerpfeifen pusten oder zumindest Demo-Schilder mit mehr oder weniger gut formulierten Forderungen in die Höhe halten. Manchmal wird gesungen, Redebeiträge werden mit kräftiger Stimme vorgetragen. Mareike Fallwickls neuer Roman handelt von einem Protest. Doch dieser ist das genaue Gegenteil: Still.

Frauen liegen auf der Straße. Einfach so. Sie weigern sich, weiterhin das zu tun, was sie immer getan haben. Sie waschen keine Wäsche mehr, sie putzen keine Toiletten, sie wickeln keine Babys, sie schreiben keine Einkaufslisten. Sie nähen keine Knöpfe mehr an und räumen nicht mehr auf. Sie pflegen keine Angehörigen mehr und packen keine Lunchboxen. Diese alltäglichen Sorgearbeiten, die in unserer Gesellschaft fast ausschließlich von Frauen wie selbstverständlich und meist unbezahlt erledigt wurden, bleiben nun genauso liegen wie die Frauen selber. Zu Hunderten. Zu Tausenden. Immer mehr Frauen schließen sich den Protesten an und schon bald werden die Streikenden nicht nur von wütenden Männern attackiert, auch der Staat ergreift harte Maßnahmen, um den vermeintlichen Normalzustand wiederherzustellen. Doch die Frauen halten dagegen. Sie kümmern sich umeinander, legen alle Rivalitäten ab und begegnen sich in bedingungsloser Solidarität.

Frauen, die sich miteinander solidarisieren und in den Generalstreik treten – diese Idee hat Mareike Fallwickl bereits in ihrem letzten Roman „Die Wut die bleibt“ angedeutet und nun in „Und alle so still“ weiterentwickelt. Entstanden ist eine Geschichte, die Utopie und Dystopie zugleich ist, die strukturelle Probleme aufzeigt, die von Herzen provozieren will – und es auch tut.