Was wäre wenn?

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stresserella Avatar

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An einem Sonntag im Juni legen Frauen ihre Arbeit nieder und sich selbst. In stillem Protest liegen sie auf der Straße, vor Krankenhäusern, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und tun nicht mehr, was die Gesellschaft von ihnen erwartet: Sich kümmern. Und durch diesen Protest kreuzen sich die Wege der drei Protagonisten. Wir folgen Elin, der Influencerin, für deren Follower*innen nur ihr Aussehen zählt. Wir folgen Nuri, der jeden Job macht, seien Bedingungen und Bezahlungen noch so schlecht, um seinem bisherigen Leben zu entfliehen, seinen Weg zu finden und der doch irgendwie nirgendwo dazu gehört. Wir folgen Ruth, die in der Pflege arbeitet und sich schon immer kümmert, um alles und jeden, nur nicht richtig um sich selbst.

Erneut führt uns Mareike Fallwickl, in einem erschreckend realistischen Szenario, die Probleme unserer heutigen Gesellschaft vor Augen. Sei es die Frage nach der Definition von Gewalt, real oder online, die Elin beschäftigt, der Pflegenotstand, mit dem Ruth während ihrer Arbeit im Krankenhaus kämpft oder die Chancenungleichheit, mit der Nuri sich konfrontiert sieht. Im Wechsel folgen wir den dreien zunächst durch ihren Alltag und erfahren im Laufe der Kapitel welche Auswirkungen der Protest der Frauen auf sie und ihre Leben hat. Schön vor allem, dass mit Nuri auch die männliche Sichtweise gezeigt wird. Die Kapitel der Protagonisten werden unterbrochen von kurzen Kapiteln der Berichterstattung, Gebärmutter und Pistole, die ich zunächst befremdlich fand, die sich aber perfekt einfügen und die Geschichte vorantreiben, bis sich am Ende alles fügt.

Mareike Fallwickl hat erneut einen Roman geschrieben, der wehtut und wachrüttelt. Und zwar nicht nur den unwissenden Leser, der sich mit den Problemen unserer Zeit bisher vielleicht eher weniger beschäftigt hat. Auch ich musste immer wieder schlucken. Es ist klar, dass die Geschichte stellenweise etwas überspitzt dargestellt wird und doch wird hier ein im Großen und Ganzen so realistisches Szenario geschaffen, das so unglaublich viel Wahres enthält. Es zwingt den Leser förmlich sich mit der Frage „Was wäre wenn?“ auseinanderzusetzen. Dicht gefolgt von „Wie kann es besser werden?“.

Ich war von der ersten Seite an gefesselt von dieser faszinierenden, utopischen Geschichte und möchte jedem Menschen nahelegen, dieses Buch zu lesen.