Für Derya

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
fino Avatar

Von

Ruth Holländer ist eine ganz gewöhnliche Frau Ende 40: sie ist geschieden, hat zwei mehr oder weniger erwachsene Kinder - Lukas ist 20 und bereits ausgezogen, die 16-jährige Annika lebt noch mit in der Altbauwohnung - und betreibt seit ein paar Jahren das französische Bistro „La Paysanne“. Eines Tages erhält sie einen Brief vom Amtsgericht: ab 1.1. wurde sie als Schöffin ans Landgericht Berlin-Moabit berufen. Sie hält das für Zeitverschwendung und erscheint unvorbereitet zum ersten Termin. Doch dann lässt sie der Fall nicht mehr los: der Kurde Aras soll seine jüngere Schwester Derya ermordet haben, weil sie sich „zu westlich“ verhalten und einen deutschen Freund hatte. Ruth zweifelt daran, dass es sich um einen „Ehrenmord“ handelte…

Bereits die Leseprobe hatte mir sehr gut gefallen, und auch das ganze Buch hat mich nicht enttäuscht. Ich bin schnell und leicht in diesen Krimi eingestiegen. Die Hauptfigur Ruth Holländer war mir sofort sympathisch, wahrscheinlich weil sie eine Frau ist, die mit den ganz normalen Tücken des Alltags zu kämpfen hat. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Es handelt sich um einen ruhigen Krimi, der mich auch ohne Gewalt, Blut und Action fesseln konnte. Von Beginn an wird Spannung aufgebaut, denn man möchte wissen, was Derya zugestoßen ist. Man ahnt bereits etwas, erfährt die ganzen Zusammenhänge aber erst durch überraschende Wendungen im Prozess bzw. aus Rückblicken auf die Geschehnisse im August. Dieser Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit und zwischen verschiedenen Sichtweisen (Ruth, Derya, Valentin…) hat mir gut gefallen, da erst nach und nach alle Puzzleteile an ihren Platz gefallen sind. Langeweile kam nie auf. Der ein oder andere mag vielleicht kritisieren, dass der Mord und die Gerichtsverhandlung nicht alleine im Mittelpunkt des Buches stehen, sondern dass Ruths Privatleben ebenfalls eine große Rolle einnimmt. Mich hat dies jedoch nicht gestört, und ich fand, dass die Spannung nie nachgelassen hat.

Das Cover des Buches gefällt mir gut, auch wenn ich keinen direkten Bezug zum Inhalt herstellen kann. Es ist ein eher düsteres Bild, das zu einem Krimi passt und Aufmerksamkeit erregt. Der Name der Autorin und der Titel sind in erhabenen Buchstaben aufgedruckt – wie bei so vielen Büchern in letzter Zeit. Der Titel erschließt sich auch nicht sofort, passt aber letztendlich zum Buch.

Der Text auf der Rückseite des Buches macht neugierig und baut Spannung auf, ohne zu viel zu verraten. Auch der Klappentext verrät nicht zu viele Einzelheiten. Ich finde immer schade, wenn Geschehnisse vorweggenommen werden, die im Buch erst spät vorkommen. Dies ist hier nicht der Fall. Allerdings könnte ein falscher Eindruck entstehen: Ruth stellt eigentlich kaum eigene Nachforschungen an.

Mein Fazit lautet, dass es sich um einen kurzweiligen Krimi handelt, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Gerne werde ich weitere Bücher mit Ruth Holländer lesen. Interessant wäre zu erfahren, welche bekannte Autorin sich hinter dem Pseudonym „Judith Arendt“ verbirgt.